E.J. Dionne, Meinungsjournalist bei der Washington Post, fasst es im Gespräch mit SRF-Korrespondent Peter Düggeli so zusammen. «Trump hat so viele Rotlichter überfahren, dass die Medien gar nicht mehr nachkommen, ihm Bussen zu verteilen.» Und das haben die amerikanischen Medien am Anfang auch gar nicht ernsthaft versucht. Denn erst wurde Donald Trump als unterhaltender Sidekick, als Clown im Kampf um das Präsidentenamt wahrgenommen. Und weil er Klicks und Quoten generierte, wurden seine haarsträubenden Äusserungen auch in den grossen Medien willig verbreitet. Peter Düggeli zitiert den CEO von CBS, der kürzlich über Trump sagte:
«Donald ist vielleicht eine Katastrophe für die USA, aber verdammt gut fürs Business.»
Die Medien sind im sogenannten post-faktischen Zeitalter angekommen – Emotionen, Halbwahrheiten und Lärm verbreiten sich schneller und ziehen die Konsumenten magisch in den Bann. Und Donald Trump spielte virtuos auf dieser Klaviatur.
In den letzten Wochen und Monaten aber weht nun ein scharfer Gegenwind – die Medien in den USA sind aufgewacht und haben realisiert, dass nicht jede haarsträubende Aussage aus dem Mund von Donald Trump entsprechend gewürdigt werden muss. Peter Düggeli sagt dazu in #SRFglobal heute Abend: «Oder ganz grundsätzlich gesagt: Wenn jemand behauptet, die Erde sei eine Scheibe, dann hat er kein Recht darauf, eine ausgewogene Berichterstattung zu bekommen.»
Hollywood ist aufgewacht
Und auch Hollywood – bis jetzt eher auf der Seite von Bernie Sanders und am Spielfeldrand - hat nun realisiert, dass es fünf vor Trump ist: Unzählige Schauspielgrössen wie Scarlett Johansson oder Julianne Moore rufen nun in einem Video eindringlich dazu auf, Trump zu verhindern.
Trump gerät nun immer mehr unter Druck, nach der verlorenen ersten Debatte und auch seit die New York Times Auszüge aus seiner Steuererklärung veröffentlich hat. Aber kommt dieser Gegenwind überhaupt bei den Wählern an? Trump hat mittlerweile über 12 Millionen Follower bei Twitter, und im Vergleich zu Clinton eine deutlich höhere Interaktivitätsrate. Seine Äusserungen wurden bei Twitter und Facebook zwischen Januar und Juli fast 130 Millionen Mal weiterverbreitet, favorisiert oder geteilt. Bei Clinton waren es im gleichen Zeitraum nur etwa 37 Millionen Interaktionen.
Echokammern als Wahrheitsfilter
Fast zwei Drittel der Amerikaner informieren sich fast ausschliesslich via Social Media. Und das ist laut SRF-Korrespondent Thomas von Grünigen auch das grösste Problem, wie er in der Sendung #SRFglobal heute Abend schildert: «Viele News- und Social-Media-Seiten berechnen aufgrund von Algorithmen, was mir aufgrund von meinen Interessen gefallen könnte und zeigen mir das. Das heisst ich lese eigentlich vor allem das, was mich bestätigt und ich verliere so den Blick für die anderen Sichtweisen. Und so werden Echokammern geschaffen, in denen man nur positives Echo bekommt und es werden Meinungen bestärkt - auch wenn sie vielleicht auf völlig falschen Annahmen beruhen.»