Mit harten Bandagen haben die beiden Kontrahenten um die US-Präsidentschaft, Hillary Clinton und Donald Trump, in ihrem zweiten TV-Duell gegeneinander argumentiert. Das Wichtigste in Kürze:
- Kein Handschlag: Zu Beginn der Debatte gaben sich die Kontrahenten diesmal die Hand nicht. Am Schluss holten sie es nach.
- Trump entschuldigt sich zu Beginn für seine sexistischen Äusserungen, die am Wochenende publik wurden – geht aber sogleich in die Offensive über.
- Kein klarer Sieger: Trump wirkt aggressiver als beim ersten TV-Duell, Clinton gerät öfter in die Defensive, bleibt aber stets sachlich. Eine Einschätzung von unserem US-Korrespondenten finden Sie hier.
- Gipfel von Trumps Attacken: Er droht Clinton mit einem Sonderermittler und Gefängnis wegen der Email-Affäre, sollte er Präsident werden.
- Clinton geht auf Wähler-Fragen ein und hat Antworten, Trump beschwert sich über zu lange Redezeit seiner Kontrahentin.
- Trump will Obamas Gesundheitsreform abschaffen, wenn er gewählt wird. Clinton gesteht ein, das Gesetz müsse überarbeitet werden.
Trump droht Clinton mit Sonderermittler
Gleich zu Beginn der Debatte entschuldigte sich Trump aber erstmal für seine sexistischen Äusserungen, die in einem am Freitag veröffentlichten Video zu hören sind.
Es habe sich um Gerede gehandelt, wie es in Umkleidekabinen von sich gegeben werde. Gleichzeitig bezichtigte er Ex-Präsident Bill Clinton der sexuellen Übergriffe gegen Frauen: «Bei mir waren es Worte, bei ihm Taten.» Niemand hat «mehr Respekt für Frauen als ich.»
Mit Blick auf die E-Mail-Vorwürfe gegen Hillary Clinton ging der republikanische Präsidentschaftskandidat aber sofort in die Offensive. Er kündigte für den Fall seiner Wahl am 8. November an, einen Sonderermittler einzusetzen, um Clintons Umgang mit E-Mails während ihrer Zeit als Aussenministerin zu prüfen.
Clinton in Haft nehmen
Hillary Clinton räumte ihrerseits bezüglich des Umgangs mit dienstlichen E-Mails falsches Verhalten ein. «Es war ein Fehler», sagte sie zu der Praxis, dienstliche E-Mails als US-Aussenministerin von einem privaten und nicht gesicherten Server zu versenden.
Trump sagte, die ehemalige Aussenministerin und First Lady müsse inhaftiert werden. Clinton solle sich zudem dafür schämen, dass sie E-Mails gelöscht habe.
Clinton: Trump als Präsident ungeeignet
Hillary Clinton ihrerseits sprach Trump die Eignung als Präsident wegen seines Umgangs mit Frauen ab. Das am Freitag veröffentlichte Video zeige genau, wer Trump wirklich sei. Sie forderte Trump auf, die Verantwortung für
seine Äusserungen und Handlungen zu übernehmen.
Die sexistischen Äusserungen von Trump sind nach den Worten von Clinton bezeichnend für dessen Persönlichkeit. «Jedem, der das (Video) gehört hat, ist klar, dass das genau ausmacht, wer er ist». Trump habe Frauen beleidigt und vergewaltigt. Er habe zudem Migranten, Afroamerikaner, Latinos, Behinderte, Muslime und andere verbal angegriffen.
Gesundheitsreform «implodiert»
Auch beim Thema Gesundheitsreform gehen die beiden Kontrahenten miteinander hart ins Gericht. Das Gesetzeswerk von Präsident Barack Obama werde noch 2017 «implodieren», prognostiziert der republikanischen Präsidentschaftskandidat. Obamacare sei zu teuer und ein Betrug. Die Reform sei «ein totales Desaster und muss aufgehoben und ersetzt werden.» Er werde sie abschaffen und ein eigenes Konzept umsetzen.
Clinton spricht sich gegen eine Abschaffung aus. Sie räumt aber ein, dass das Gesetz zur Versicherung überarbeitet werden müsse, die erreichten Erfolge aber nicht verspielt werden dürften.
Auch beim Thema Einwanderer gehen die Auffassungen der beiden Duellanten weit auseinander. Trump kündigt an, kriminelle Einwanderer «zurück in ihr Land zu zwingen».
Demagogische Rhetorik
Und auch Clinton erklärt, niemanden in die USA zu lassen, der ein Risiko darstelle. Allerdings litten Kinder etwa im Syrien-Krieg wegen Russlands Vorgehen. Die USA müssten ihren Teil leisten. Trumps Vorschlag, keine Muslime ins Land zu lassen, sei gefährlich und nicht weise.
Clinton wirft Trump aber eine demagogische Rhetorik gegenüber Muslimen vor. Die USA befinden sich nach ihren Worten nicht im Krieg mit dem Islam. «Es wurden viele spalterische, düstere Dinge über Muslime gesagt», betont sie. Ihre «Vision von Amerika ist ein Amerika, in dem jeder einen Platz hat.»
«Sie ist eine Minute über die Zeit und sie stoppen sie nicht»
Trump bekräftigte dagegen, dass Muslime vor deren Einreise in die USA genau überprüft werden müssten. Die Anschläge von Paris, Orlando und San Bernardino zeigten, wie gross die Gefahr durch radikale islamische Terroristen sei. Es gebe eben Beispiele für einen radikal-islamischen Terrorismus, wie auch die Anschläge vom 11. September 2001 gezeigt hätten.
Zwischendurch beschwert sich der republikanische Kandidat über die Moderatorinnen der Sendung. «Sie ist eine Minute über der Zeit und Sie stoppen sie nicht. Wenn ich eine Sekunde über der Zeit bin, stoppen Sie mich», kritisiert Trump die TV-Moderatorin Martha Raddatz wegen der angeblich überschrittenen Dauer eines Statements seiner Konkurrentin.
Trump: Hunderte Millionen Steuern gezahlt
Im Streit um seine Steuererklärungen kündigt der Milliardär an, seine Steuererklärungen zu veröffentlichen, sobald die Routineüberprüfung der
Steuerbehörden abgeschlossen sei. Er versichert, Hunderte Millionen Dollar an Steuern gezahlt zu haben. Er kenne «das Steuergesetzbuch besser, als jeder andere Präsidentschaftskandidat je zuvor.»
Clinton hält ihm entgegen, in einer «alternativen Realität» zu leben. Trumps Steuerpläne würden Vorteile für Wohlhabende und Konzerne bringen. Zudem habe der Milliardär in etwa 20 Jahren keine Steuern gezahlt. «Donald kümmert sich immer um Donald und Menschen wie er», sagte die ehemalige Aussenministerin. Er plane, vor allem reiche Menschen und Unternehmen grosse Steuererleichterungen zu genehmigen.
Trump: Assad tötet immerhin IS-Milizionäre
Auch in der Syrien-Strategie werden deutliche Unterschiede zwischen Clinton und Trump sichtbar. Die demokratische Präsidentschaftskandidatin würde als Teil ihrer Politik in der Region auch eine Bewaffnung der Kurden in Erwägung ziehen.
Trump erklärt zwar, er möge Syriens Präsident Baschar al-Assad zwar nicht. Aber Assad töte immerhin die IS-Miliz, und zwar zusammen mit Russland und dem Iran.
Konter von Clinton: «Russland hat entschieden, wen es als Präsidenten der USA sehen will – und das bin nicht ich.»
«Grosser Hass in ihrem Herzen»
Auch Äusserungen der Demokratin über Anhänger von Trump kommen bei dem 90-minütigen Schlagabtausch zur Sprache. Dabei erinnert der Republikaner nochmals daran, dass Clinton seine Fans als bedauernswert bezeichnet habe.
Bei solchen Äusserungen werde sichtbar, dass seine Kontrahentin «enormen Hass in ihrem Herzen» trage. Auch die Entschuldigung seiner Gegnerin akzeptiert er nur bedingt. Sie «rede nur, aber leiste tatsächlich nichts».
Clinton: Ich respektiere Trumps Kinder
Zum Ende hin zeigt sich, dass die Duellanten bei Fragen der Energiewende offenbar nicht weit auseinanderliegen. Trump räumt zwar ein, dass auch er für Erneuerbare Energien sei. Wind- und Solarkraft reichten aber nicht aus. Clinton kündigt an, Erneuerbare Energien zu fördern. Gleichzeitig wolle sie aber dafür sorgen, dass niemand auf der Strecke bleibe.
Was die beiden Bewerber jeweils am anderen bewundern, will der Moderator der Sendung am Ende wissen. Trump über Clinton: Sie ist eine Kämpferin und gibt nicht auf. Clinton über Trump: Ich respektiere seine Kinder. Und das sage viel über ihn aus.