Im afghanischen Kundus hat die deutsche Bundeswehr ihr zweitgrösstes Camp im Norden des Landes an die einheimischen Sicherheitskräfte übergeben.
Der deutsche Verteidigungs-Minister de Maizière und Aussenminister Westerwelle waren für die offizielle Übergabe des Camps nach Afghanistan gereist.
Viele Afghanen sind verunsichert, bei manchen herrscht nackte Angst davor, was die Zukunft nach dem Abzug der Bundeswehr bringen wird. Andere wollen fliehen.
Trotz Drohungen weitermachen
Shamim Sial gehört nicht zu ihnen: Zuletzt schickten ihr die Taliban vor zwei Wochen eine Drohung, per SMS diesmal: «Warte ab, was wir Dir antun werden», schrieben sie der Direktorin der Fatima-Tushara-Mädchenschule in Kundus. Doch Sial zeigt sich unbeeindruckt. «Ich kann meinen Job doch nicht deswegen aufgeben.»
Die SMS hat sie gelöscht, bevor ihr Ehemann sie sehen konnte. «Ich hatte Angst, dass er mir sagt, ich solle zu Hause bleiben.» Natürlich sei jeder besorgt über die Sicherheitslage – erst recht mit Blick auf den Abzug der Bundeswehr.
Behördenvertreter optimistisch
«Ich will wirklich nicht, dass das Land zurückfällt in Taliban-Zeiten», sagt Sial. Dass heute Millionen Mädchen zur Schule gehen, gehört zu den grössten Erfolgen des internationalen Engagements am Hindukusch.
Dass die Taliban auch nach zehn Jahren Bundeswehr-Einsatz in Kundus noch in der Lage sind, Terror zu verbreiten, ist unbestritten. Die Einschätzungen zur Sicherheit gehen aber weit auseinander.
Er sei «zu 100 Prozent sicher», dass die afghanischen Sicherheitskräfte auch ohne die Hilfe der Bundeswehr bestehen könnten, verbreitet der Vize-Gouverneur der Provinz Optimismus. «Generell ist die Sicherheitslage gut.» Und trotzdem ist er von seinem nahe gelegenen Haus auf das Gelände seines Amtssitzes gezogen – aus Angst vor Attentaten.