- Ungarns Ministerpräsident verurteilt die Nazi-Kollaboration seines Landes überraschend deutlich als Verbrechen.
- Ungarische Behörden hatten unter dem damaligen Staatschef Miklos Horthy dabei geholfen, eine halbe Million ungarische Juden nach Auschwitz zu deportieren.
- Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu stattet Budapest für mehrere Tage einen offiziellen Besuch ab.
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán hat die Mitwirkung Ungarns am Holocaust mit deutlichen Worten verurteilt. «Ungarn hat ein Verbrechen begangen, als es, anstelle die jüdische Gemeinschaft zu verteidigen, mit den Nazis kollaboriert hat», sagte der rechts-konservative Politiker am Dienstag in Budapest auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. «Dies darf sich nie wieder ereignen», fügte er hinzu.
Unter dem ungarischen Staatschef Miklos Horthy (1868-1957) hatten die ungarischen Behörden in Zusammenarbeit mit den Deutschen eine halbe Million ungarische Juden nach Auschwitz deportiert. Die meisten von ihnen kamen dort in den Gaskammern ums Leben. Horthy war im Zweiten Weltkrieg Hitlers Verbündeter.
Viktor Orbán überrascht seine Kritiker
Netanjahu war am Montag zu einem mehrtägigen offiziellen Besuch in Budapest eingetroffen. Auf dem Programm stand auch ein Treffen mit den Regierungschefs der Visegrad-Vier (Ungarn, Polen, Tschechien, Slowakei). Ungarn hat in der Staatengruppe seit Beginn dieses Monats den Vorsitz.
Orbán, der seit 2010 in Ungarn regiert, äussert sich zum Holocaust in der Regel nicht so deutlich wie diesmal, als er die Nazi-Kollaboration unter Horthy ansprach. Kritikern zufolge fördert er sonst eher geschichtsrevisionistische Ideologien und antisemitische Stimmungen. Zuletzt sorgten Plakate einer Regierungskampagne für internationale Kritik. Diese hatten den US-Milliardär George Soros, einen Förderer der liberalen Demokratie, mit antisemitischen Untertönen diffamiert.