Die britische Premierministerin Theresa May muss die Zustimmung des Parlaments für die geplanten EU-Austrittsverhandlungen mit Brüssel einholen. Das entschied der Londoner High Court. Die Regierung hat unmittelbar nach Bekanntgabe der Entscheidung des Gerichts angekündigt, das Urteil anfechten zu wollen.
Sollte die Entscheidung der Richter auch auf der nächsten Instanz, vor dem Supreme Court, Bestand haben, könnte sich der Beginn der Brexit-Verhandlungen zwischen London und der EU weiter verzögern.
Mehrheit der Abgeordneten Brexit-Gegner
May hatte eine Abstimmung im Parlament über den Beginn der Austrittsverhandlungen gemäss Artikel 50 des Lissabon-Vertrags bislang ausgeschlossen. Das sei «ausschliesslich Sache der Regierung». Das Parlament werde aber «zu Wort kommen», hatte sie angekündigt.
Sollte das Urteil bestätigt werden, könnte es dem Parlament, bestehend aus Unter- und Oberhaus, einen mächtigen Hebel in die Hand geben, um die Verhandlungsstrategie der Regierung über den EU-Austritt zu beeinflussen. Brexit-Befürworter befürchten gar, der Ausstieg des Landes könne ganz vereitelt werden. Die Mehrheit der Abgeordneten – insbesondere im Oberhaus – ist gegen den Brexit.
Mays Fraktion bei Mitsprache gespalten
Als Klägerin trat unter anderem die Investmentmanagerin Gina Miller auf. Sie hatte argumentiert, das Parlament dürfe bei einer weitreichenden Entscheidung wie dem Austritt aus der EU nicht umgangen werden. Die Gegenseite berief sich dagegen auf die Entscheidung des britischen Volkes beim EU-Referendum.
Schottlands Regierungschefin Nicola Sturgeon zeigte sich erfreut. «Wirklich bedeutungsvoll!», schrieb sie auf Twitter mit einem Hinweis auf das Urteil. Die Wähler in Schottland hatten sich mehrheitlich gegen einen Brexit ausgesprochen.
Auch aus Mays Fraktion fordern viele Abgeordnete eine Mitsprache über die Verhandlungsstrategie der Regierung. Das lehnte May bislang mit dem Argument ab, eine öffentliche Debatte im Parlament über die Brexit-Strategie der Regierung schade deren Verhandlungsposition. Es werde «keine laufenden Kommentare» geben.
Schneller Verhandlungsabschluss in weiter Ferne
Am 23. Juni hatten die Briten in einer historischen Abstimmung für einen Austritt ihres Landes aus der EU gestimmt. Die Verhandlungen mit der EU darüber sollten spätestens Ende März nächsten Jahres beginnen. Sobald Artikel 50 aktiviert ist, hat Grossbritannien zwei Jahre Zeit, um mit der EU die Trennungsmodalitäten auszuhandeln. Ob der Austritt innerhalb dieses Zeitraums gelingt, bleibt abzuwarten.