Im Irak sind radikal-islamische Aufständische weiter auf dem Vormarsch. In der Nacht eroberten sie nach Angaben aus Sicherheitskreisen zwei weitere Ortschaften sowie mehrere Dörfer in der östlichen Provinz Dijala. Die irakischen Sicherheitskräfte seien zuvor aus den Orten Saadija und Dschalula im Nordosten von Bagdad abgezogen.
Als die Aufständischen eintrafen, seien sie lediglich auf kurdische Kämpfer gestossen. Zu Gefechten kam es dabei nicht. Allerdings habe die irakische Armee von einem nahe gelegenen Ort aus das Feuer auf Saadija und Dschalula eröffnet. Dutzende Familien seien daraufhin geflohen. Nach Angaben von Ärzte ohne Grenzen sind inzwischen insgesamt rund eine Million Iraker auf der Flucht vor den Extremisten.
Aufruf zum Widerstand
Kämpfer der Gruppe Islamischer Staat im Irak und Syrien (Isis) hatten Anfang der Woche die nordirakische Millionenmetropole Mossul überrannt. Seitdem rücken die sunnitischen Kämpfer Richtung Bagdad vor, um die von Schiiten geführte Regierung zu stürzen.
Am Freitagsgebet hat Ayatollah Ali al-Sistanis in der schiitischen Hochburg Kerbala zum Widerstand gegen die sunnitische Isis aufgerufen. Das Oberhaupt der irakischen Schiiten will, dass die Bürger zu den Waffen greifen, um «ihr Land, ihr Volk und ihre heiligen Stätten zu verteidigen.»
Kurden planen Gegenoffensive
Kurdische Sicherheitskräfte wollen den Vormarsch der Dschihadisten stoppen. Sie bereiten eine Gegenoffensive in der Region um Dschalula vor. Erste Peschmerga-Soldaten seien bereits im Ostirak angekommen. Nach dem Abzug der irakischen Truppen aus der Stadt wollen die kurdischen Kämpfer das entstandene Machtvakuum füllen.
Im Nordirak kontrollieren die Kurden eine eigene autonome Region. Sie haben sich die Situation zunutze gemacht und ihr Territorium ausgedehnt. So kontrollieren sie mittlerweile unter anderem die Ölstadt Kirkuk, die ausserhalb des Gebiets ihrer Enklave liegt.
Iran und China versprechen Hilfe
Mittlerweile haben sich auch andere Staaten in den Konflikt eingeschaltet. Aus Peking heisst es, man biete der irakischen Regierung jede erdenkliche Hilfe an. Auch der Nachbar Iran bezieht Stellung. «Der Iran will, dass der Irak als Ganzes erhalten bleibt – mit dem Schiiten al-Maliki an der Regierung», sagt ARD-Korrespondent Reinhard Baumgarten gegenüber SRF.
Irans Präsident Rohani versprach dem Nachbarland bereits uneingeschränkte Solidarität im Kampf gegen die Isis. Der Iran wolle die diplomatischen Möglichkeiten ausschöpfen und alles Mögliche gegen die Terrorgruppe unternehmen, so Rohani. Meldungen, wonach bereits iranische Truppen im Irak eingetroffen sein sollen, wurden bislang aber nicht bestätigt.
Der Iran sucht Verbündete gegen Isis
Wie die Nachrichtenagentur Fars berichtet, versucht der Iran auch auf internationaler Ebene gegen die Isis vorzugehen. Aussenminister Mohammed Dschawad Sarif habe bereits mit seinen Kollegen aus der Türkei, Katar und den Vereinigen Arabischen Emiraten sowie mit der UNO und der Organisation für Islamische Zusammenarbeit Kontakt aufgenommen. Er fordere gemeinsame Massnahmen gegen die Terroristen.
Laut ARD-Korrespondent Baumgarten ist es sogar denkbar, dass Teheran bereit ist, über die verworrene Lage im Irak mit Washington zu reden. «Es könnte durchaus zu einer Zusammenarbeit kommen, um diese Isis zu stoppen», so der Mann in Teheran.
Rohölmarkt reagiert heftig
Die unkontrollierbare Lage im Irak wirkt sich auch auf den Ölmarkt aus. Die Preise für ein Barrel sind angestiegen. Heute Morgen waren die Preise je nach Sorte um bis zu 50 Cent höher als noch am Donnerstagabend. Das Land zählt neben Saudi-Arabien zu den Staaten mit den grössten Ölvorräten der Welt.