Bei der Parlamentswahl in der Türkei hat die regierende Partei (AKP) von Präsidenten Recep Tayyip Erdogan überraschend die absolute Mehrheit zurückerobert.
Nach Auszählung von 97,5 Prozent der Stimmen kommt das islamisch-konservative Bündnis auf 49,4 Prozent der Stimmen. Dies berichtet der staatliche Fernsehsender TRT. Damit könnte die AKP die Regierung allein stellen.
Die sozialdemokratische CHP kam dem Staatssender zufolge auf 25,4 Prozent, die nationalistische MHP auf zwölf Prozent. Die pro-kurdische HDP lag mit 10,6 Prozent über der Zehnprozenthürde. Sie musste zeitweise um ihren Wiedereinzug ins
Parlament bangen.
Davutoglu fordert neue Verfassung
Die Türken wählen bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr. Das Votum wurde nötig, weil Koalitionsgespräche der AKP nach der Wahl im Juni scheiterten.
Mit mehrstündiger Verzögerung hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan auf den triumphalen Sieg seiner AKP bei der Parlamentswahl reagiert. In einer Erklärung betonte der islamisch-konservative Präsident, die Wähler hätten ihren «deutlichen Wunsch nach Einheit und Integrität» der Türkei zum Ausdruck gebracht.
Die Wahl vom 1. November war das Referendum für die neue Türkei. Ihr habt gezeigt dass die alte Türkei tief begraben ist und nie wieder zurückkehren wird.
Ministerpräsident und AKP-Chef Ahmet Davutoglu versprach bei seiner Siegesrede im Partei-Hauptquartier in Ankara vor Tausenden Anhängern, an einer neuen Verfassung zu arbeiten. «Reichen wir einander die Hände, um eine neue Verfassung zu schaffen», sagte er.
Er appellierte an die drei im Parlament vertretenen Oppositionsparteien, dabei mit der AKP zusammenzuarbeiten. «Lassen wir die Putschverfassung hinter uns, und fassen wir alle zusammen mit an für eine zivile und freiheitliche Verfassung», so Davutoglu.
Zweidrittel-Mehrheit für Verfassungsänderung nötig
Eine Verfassungsreform zur Einführung eines Präsidialsystems ist erklärtes Ziel von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan und der von ihm mitgegründeten AKP. Die derzeitige Verfassung stammt aus der Zeit der Militärherrschaft nach dem Putsch von 1980.
Für ein Referendum über eine Verfassungsreform sind 330 Abgeordnete nötig – 13 mehr, als die AKP nach heutiger Sicht im Parlament haben wird. Die drei Oppositionsparteien CHP, HDP und MHP sind strikt gegen ein Präsidialsystem. Sie befürchten eine autokratische Herrschaft Erdogans.
Das offizielle Endergebnis der Wahlen soll erst in elf oder zwölf Tagen bekanntgegeben werden. Die Wahlkommission will damit Zeit gewinnen, um Beschwerden von politischen Parteien zu prüfen.