Vor 16 Monaten verschwand der Flug MH370 von den Radarschirmen. Nun hat ein Trümmerstück die Bemühungen intensiviert, die Unglücksmaschine doch noch zu finden. Die Untersuchungen der angeschwemmten Flügelklappe laufen. Im französischen Toulouse wollen die Ermittler ab Mittwoch Laboranalysen durchführen. Im Fokus steht dabei die Frage, ob das Wrackteil wirklich von einer Boeing 777 stammt.
Besteht dann auch Sicherheit, dass das Teil vom Flug MH370 stammt?
Ja, denn zurzeit gibt es nur ein einziges Flugzeug dieses Typs, das spurlos verschwunden ist. Eine eindeutige Zuordnung des Wrackteils würde die traurige Gewissheit liefern, dass das Flugzeug irgendwo auf dem Ozean aufgeschlagen ist. Die spannende Frage nach dem Wo und vor allem dem Warum bleibt dagegen vorerst unbeantwortet.
Wie schnell lässt sich die Herkunft der Flügelklappe bestimmen?
Derartige Nachweise sind in der Luftfahrt relativ einfach und können sehr schnell gehen. Flugzeugkomponenten sind auch deshalb so teuer, weil ihre Luftfahrttauglichkeit mit einem Zertifikat nachgewiesen werden muss. Um billigen – und für die starke Dauerbelastung nicht immer geeigneten – Nachahmerprodukten einen Riegel vorzuschieben, müssen derartige Baukomponenten über eine Typnummer lückenlos bis zum Hersteller nachverfolgbar sein. Das gilt auch für alle Ersatzteile, die bei Wartungs- und Reparaturarbeiten eingebaut werden. Auf Fotos des Wrackteils war bereits die Nummer «657 BB» zu erkennen.
Kann auch ein anderes Flugzeug die Flügelklappe verloren haben?
Theoretisch ja, praktisch ist das aber eher undenkbar. Der Verlust einer solchen Flügelklappe wäre ein schwerer Zwischenfall, der bei den Behörden meldepflichtig wäre. Für die Region sind aber keine entsprechenden Hinweise bekannt. Spekulationen, wonach das Wrackteil von einer äthiopischen Boeing 767 stammen könnte, sind ebenfalls nur wenig glaubwürdig. Diese Maschine war zwar nicht allzu weit entfernt in einem Trümmerregen bei einer Notwasserung vor der Inselgruppe der Komoren niedergegangen. Doch die waghalsige Heldentat des von Entführern bedrohten Piloten fand bereits Ende 1996 statt.
Wieso hat das Wrackteil eine weisse Farbe, während Archivbilder eine gräuliche Farbe zeigen?
Die bisher veröffentlichten Fotos des gefundenen Wrackstücks zeigen eine relativ intakte Flügelklappe mit abgerissenen Befestigungen und weisser Farbe. Wenn das Teil wirklich monatelang im Wasser getrieben hätte, wäre ein Abrieb der Farbe durchaus plausibel, so dass auf der Oberfläche nur noch die Grundierung zu sehen ist.
Ozeanographen halten eine Verdriftung von Wrackteilen über grosse
Entfernungen wegen der Meeresströmungen übrigens für wahrscheinlich.
Wird die Suche nun neu belebt?
Sollte sich das Wrackteil eindeutig dem verhängnisvollen Flug MH370 zuordnen lassen, dürfte auf den umliegenden Inseln Mauritius, den Komoren oder Madagaskar sicherlich mit grösster Aufmerksamkeit an den Stränden nach weiteren Wrackteilen Ausschau gehalten werden.
Eine Ausweitung der Suchaktion wäre aber kaum denkbar, bevor nicht aufgrund neuer Rechen- und Strömungsmodelle ein konkretes Suchgebiet eingegrenzt werden kann. Es würde sich über Hunderttausende Quadratkilometer erstrecken. Erschwerend kommt hinzu, dass der grösste Teil des Flugzeugs in mehreren Tausend Metern Tiefe auf dem Meeresboden ruhen und die Batterien der Blackbox erschöpft sein dürften.
Ein Kölner Forscher geht davon aus, dass auch die Muscheln an dem entdeckten Wrackteil Hinweise zur Absturzregion geben können. Er will sogenannte Entenmuscheln auf einer Aufnehme des Trümmerstücks entdeckt haben. Sollte eine kälteliebende Art der Entenmuscheln an dem Wrackteil kleben, wäre dies ein eindeutiger Hinweis auf die Region des Absturzes. «Wenn wir Lepas australis an dem Wrackteil finden, dann können wir sicher nachweisen, dass der Absturzort in kühlen, südlichen Meeresbereichen westlich von Australien liegt.»