Die EU legt bei den Sanktionen einen Zacken zu – wenn auch zögernd. Sie will nun auch staatlich kontrollierte Grossbanken treffen, Rüstungsfirmen und russische Energie-Riesen wie Gazprom, Rosneft und Transneft.
Diese sollen kein Geld mehr am europäischen Kapitalmarkt bekommen. «Kurzfristig wird Russland das verkraften», schätzt SRF-Korrespondent Christof Franzen. Immerhin horte das Land Währungsreserven von gegen 500 Milliarden Franken.
Dass russische Unternehmen bereits Mühe hätten, von Banken Kredite zu erhalten, sei kein Thema, so Franzen. Einer Nachbarin aber sei der Hypothekarzins um zwei Prozent erhöht worden.
Begründung der Bank: die westlichen Sanktionen und die deshalb gestiegenen Kapitalkosten. Auch von einigen KMU höre man, dass sie eine gewisse Zurückhaltung spürten und weniger investiert würde. Konkrete Zahlen fehlen noch.
Noch sind dies Einzelbeispiele, Stimmungen, Einschätzungen. Doch Korrespondent Franzen ist sicher: Längerfristig werden die Sanktionen Folgen haben. Schon heute sei das Investitionsklima für Ausländer kaputt. Der Internationale Währungsfonds berichtete im Juli, Investoren hätten im ersten Quartal bereits 64 Milliarden Dollar abgezogen.
Teurere Preise, tiefere Qualität, weniger Auswahl
Sichtbar sind die Folgen der Sanktionen in den Auslagen der Geschäfte. «Meine Familie greift gerne auf die qualitativ guten litauischen Milchprodukte zurück», erzählt Franzen. «Die fehlen jetzt. Die Läden haben ihre Vorräte aufgebraucht.»
Versorgungsengpässe gebe es in einer Stadt wie Moskau gewiss keine, berichtet Franzen. Doch die Auswahl schrumpfe und die Preise stiegen. Rindfleisch sei, zumindest vorübergehend, um 10 Prozent teurer geworden, Schweinefleisch gar um 30 Prozent.
Drastischer sind Schilderungen aus den entfernteren Regionen des Riesenlandes. Von den fernen Sachalin- Inseln habe man von Preiserhöhungen von 65 Prozent gehört, so Franzen.
«Wie gehts denn so in Europa?»
Doch die Bevölkerung ficht das nicht an. «Man habe den Krieg überlebt und die 1990-er Jahre, da zwinge doch so etwas das Land nicht in die Knie», kommt Christof Franzen regelmässig zu Ohren.
Ganz im Gegenteil habe sich die Ladenbesitzerin im Quartier bei ihm erkundigt, wie es um Europa stehe: Griechenland, Finnland, Polen und Litauen litten doch stark unter dem russischen Importstopp. Das Fernsehen berichte regelmässig darüber. Die Frau habe mit dem gutgemeinten Wunsch geschlossen: «Hoffentlich kommen die Europäer bald wieder zur Vernunft.»