In der südöstlichen Stadt Diffa im Niger sind diese Woche Tausende Einwohner aus Angst vor Angriffen aus ihren Häusern geflohen. Dies, nachdem die radikalislamische Miliz Boko Haram in den vergangenen Tagen ihre Überfälle und Selbstmordattentate im Grenzgebiet des Nigers massiv ausgeweitet hatte.
Erstmals hat die Islamistengruppe zudem im Tschad Menschen attackiert und getötet. Die Milizionäre kamen laut Anwohnern in der Nacht auf Freitag mit drei Kanus vom Tschad-See her und brachten rund zehn Menschen um, bevor sie vor der Armee vertrieben werden konnten. Die Terrorgruppe Boko Haram war bisher vor allem in Nigeria aktiv.
Humanitäre Krise verschärft sich
Nach diesen Angriffen nimmt die humanitäre Krise in der abgeschiedenen Grenzregion weiter zu. Mit Mühe versuchen die Einwohner, sich um die 150'000 Flüchtlinge zu kümmern, die vor der Gewalt im Norden Nigerias bereits geflüchtet sind. Allein diese Woche kamen 7000 neue Flüchtlinge in Zinder an. Die zweitgrösste Stadt des Nigers liegt rund 450 Kilometer westlich von Diffa.
Das International Rescue Committee (IRC) ist in der Region aktiv. Matias Meier, Missionsleiter im Niger, erklärt, dass einige Familien zum Teil bis zu 20 Personen in ihrem Haus aufnehmen. Andere müssen im Stadion der Stadt übernachten. Die Stadt Zinder ist eines der ärmsten Gebiete des Landes. Trotz der grossen Flucht aus Diffa bleibe die Stadt ruhig, sagt ein Lokalpolitiker: «Jeder will einfach so weit wie möglich von Boko Haram entfernt sein.»
Viele Flüchtlinge sind nur zu Fuss oder mit dem Fahrrad unterwegs. Ein Schlepper in Diffas Busbahnhof sagt aus, dass hunderte Minibusse, Cars und Lastwagen Leute aus der Stadt gebracht hätten. «Wer einen Platz auf einem Lastwagen gefunden hat, gehört zu den Glücklichen. Bustickets sind bis Ende nächster Woche ausverkauft», weiss Meier vom IRC. Der Preis eines Platzes in einem der Verkehrsmittel kostet rund 26 US-Dollar – das Dreifache des Normalpreises.
Wer einen Platz auf einem Lastwagen gefunden hat, gehört zu den Glücklichen. Bustickets sind bis Ende nächster Woche ausverkauft.
Armee kann Erfolge vermelden
Durch die Gewalttaten von Boko Haram sind allein im vergangenen Jahr mindestens 10'000 Menschen im Nordosten Nigerias ums Leben gekommen. Ein Sprecher der Streitkräfte des Niger sagte, seit dem 6. Februar seien 260 Boko-Haram-Kämpfer getötet worden. Einige seien gefangengenommen worden. Ihre Waffen wurden beschlagnahmt.
Im Gebiet zwischen dem Niger und Nigeria sind ausserdem Hunderte Soldaten aus dem grenznahen Tschad stationiert, die bei der Abwehr von Boko Haram helfen sollen. Die extremistische Miliz kämpft seit rund fünf Jahren für einen radikalislamischen Staat im Nordosten Nigerias.