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International «Wir haben keine Sirenen, keine Bunker»

Der Politikwissenschaftler Usama Antar von der Friedrich-Ebert-Stiftung berichtet über dramatische Stunden im Gazastreifen. Die Krankenhäuser sind überfüllt und es gibt zu wenige Medikamente.

Herr Antar, die Offensive hat im Osten der Stadt stattgefunden. Israel hatte offenbar gewarnt, die Häuser zu verlassen. Hamas wollte, dass die Menschen dort bleiben, so lesen wir hier. Was haben denn die Menschen getan dort?

Usama Antar: Es gibt keinen Platz in Gaza. Gaza ist so dicht besiedelt, wo sollen die Leute einfach hingehen? Da gibt es keinen Platz. Gaza ist die dichtest besiedelte Stadt auf der ganzen Welt. Und die Israelis fordern, dass die Menschen ihre Häuser verlassen. Wohin sollen sie gehen?

Wie bringen sich die Menschen in Sicherheit, was tun sie denn?

Audio
Angriff auf Gaza-Stadt
aus Echo der Zeit vom 20.07.2014.
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 57 Sekunden.

Wir haben keinen Schutz hier im Gazastreifen. Wir haben hier keine Bunker, wir haben hier nichts. Wir haben keine Sirenen, einfach nichts. Die Leute müssen sich einfach dem Schicksal überlassen. Wir sind total ausgeliefert. Militärisch können die Palästinenser den Israelis nie widerstehen. Die Palästinenser können nur hoffen, dass die Welt ein bisschen ein Auge auf Palästina und auf Gaza wirft. Wir wollen unbedingt, dass dieser verrückte Krieg endlich beendet wird, dieses Blutvergiessen.

Jetzt hat es im Osten der Stadt sehr viele Tote gegeben, die Rede ist von ungefähr 60. Was passiert denn mit diesen Toten? Was passiert mit den Verletzten?

Die Krankenhäuser sind total überlastet. Die Krankenhäuser waren schon vorher knapp mit den Versorgungsmitteln. Jetzt haben sie auf einmal 400 neue Verletzte, die werden jetzt da auf dem Boden behandelt. Falls überhaupt Medikamente vorhanden sind. Die Lage ist mehr als dramatisch, die Lage ist sehr, sehr unmenschlich.

Wie sieht denn die andere Versorgung aus? Gibt es Wasser, Lebensmittel, Benzin?

Usama Antar

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Usama Antar ist Politikwissenschaftler. Er lehrte unter anderem an der Al-Azhar Universität und an der Al-Aqsa Universität in Gaza-Stadt, nachdem er Wirtschaftspolitik und Islamwissenschaften an der Westfälischen-Wilhelms-Universität in Münster studiert hatte.

Wir haben circa 600‘000 Menschen, die leben im Osten des Gazastreifens seit ungefähr einer Woche ohne Wasser und Strom. Israel hat die Stromversorgung für den Gazastreifen total abgeschaltet. Wir haben momentan eine Stromversorgung für nur zehn bis 20 Prozent des Bedarfs. Die Israelis haben den einzigen Grenzübergang für Lieferungen von Lebensmitteln gestern und vorgestern total geschlossen, heute auch. Das ist, was wir momentan erleben.

Israel sagte, es würde die Angriffe einstellen, wenn die Hamas keine Raketen mehr abschiessen würden. Sie sagten, die Hamas würden eher gestärkt durch die Bevölkerung. Gibt es denn gar keinen Druck der Menschen in Gaza, dass die Hamas mit dem Beschuss Israels aufhört?

Dieser Druck kann nicht kommen. Denn zwei Drittel der gefallenen Opfer sind Zivilisten. Und über 95 Prozent der Verletzten sind Zivilisten. Die Menschen hier sind sich so gewiss und sicher, dass der israelische Krieg nicht nur gegen die Hamas, sondern gegen den gesamten Gazastreifen besteht. Deshalb geben die Palästinenser Israel die ganze Schuld und nicht der Hamas.

Das heisst, die Menschen wollen gar nicht, dass die Hamas mit dem Beschuss Israels aufhört?

Nein, das auch nicht – wir wünschen, möchten, dass der Krieg sofort gestoppt wird. Sofort, von beiden Seiten. Das bedeutet, nicht nur die Hamas, sondern auch Israel müssen den Krieg sofort einstellen.

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