Vor der italienischen Insel Giglio kommt die Aufrichtung des havarierten Kreuzfahrtschiffes «Costa Concordia» gut voran. «Wir haben die erste Phase überstanden, alles läuft nach Plan», berichtete Zivilschutzchef Franco Gabrielli.
«Wenn man davon absieht, dass alles viel länger dauert als geplant, dann ist diese Bergung schon ein Erfolg», sagt SRF-Korrespondent Philipp Zahn auf Giglio. Auch was die Umwelt angehe, denn bislang sei nicht vermeldet worden, dass irgendwelche Umweltschadstoffe ausgetreten seien.
Bei 20 Grad kippt das Schiff in die aufrechte Position
Nach Angaben von Technikern ist der bisher versunkene Teil des Schiffes stark verzogen. Dies stelle jedoch kein Problem für die Aufrichtung dar.
Umweltschützer hatten befürchtet, dass bei der Aufrichtung giftige Stoffe ins Meer gelangen könnten. Bislang seien aber keine Schadstoffe ausgelaufen, sagte SRF-Korrespondent Zahn.
Experten rechnen, dass 29'000 Tonnen Müll ins Meer gelangen könnten. Die Menge des giftigen Materials werde jedoch nicht so gross sein, dass eine dauerhafte Schädigung des Meeresraums zu erwarten sei.
Wegen der nächtlichen Gewitter konnte der «Control Room» erst am Montagmorgen seinen Betrieb aufnehmen. Von dort aus steuert das zwölfköpfige Bergungsteam aus sicherer Entfernung das Aufrichten des Schiffes. Die Operation wurde auch nach Einbruch der Dunkelheit weitergeführt. Im Morgengrauen des Dienstags soll der Koloss aufgerichtet sein.
Bergung teurer als Kauf
Ziel ist es, das Wrack in die Vertikale zu bringen, mit Hilfe von Stahlseilen und Flaschenzügen. Nachdem das riesige Schiff in die Vertikale gebracht wird, soll die Costa Concordia auf einer im Meeresgrund verankerten Plattform fixiert werden. Danach soll die Suche nach den Leichen der letzten beiden Vermissten des Unglücks beginnen.
Kostenpunkt für Bergung, Abtransport und Verschrottung: Über 750 Millionen Euro – also 300 Millionen mehr als der italienische Luxusdampfer einst gekostet hat. Die Reederei Costa Crociere wird dies bezahlen müssen – und zwar alleine.
Wenn das Schiff einmal in Rotationsbewegung kommt, ist die Schwerkraft so stark, dass man es nicht stoppen kann.
Seit Monaten arbeiten etwa 500 Spezialisten aus 20 Ländern rund um die Uhr an der Bergung. Ob das Manöver tatsächlich gelingt, bleibt abzuwarten. Denn nach Angaben der Techniker ist nicht sicher, ob das Schiffswrack den enormen Belastungen standhalten wird. Es besteht die Gefahr, dass der rostende Rumpf auseinanderbricht. Noch grösser ist aber die Gefahr, dass das Wrack sich nicht drehen lässt.
Es gebe keinen «Plan B» für den Fall, dass das Manöver scheitert, sagte Bergungsexperte Nick Sloane von der US-Firma Titan. Zusammen mit dem italienischen Unternehmen Micoperi führt das Unternehmen die Bergungsarbeiten aus.
Falls das komplizierte Unterfangen tatsächlich gelingt, soll der 290 Meter lange Kreuzfahrtriese Anfang 2014 in einen noch unbestimmten Hafen geschleppt und dort verschrottet werden.
20 Monate liegt sie schon auf Grund
Rückblick: Auf ihrer Jungfernfahrt 2005 war sie das grösste Kreuzfahrtschiff Italiens: Die «Costa Concordia». Kapitän Francesco Schettino lenkte sie im Januar 2012 vor der italienischen Insel Giglio auf einen Felsen. Das Schiff schlug leck und kippte auf die rechte Seite.
Das Schiffsunglück vor Giglio kostete 32 der 4229 Passagiere das Leben. Kurz nach der Katastrophe wurde gemunkelt, dass Kapitän Schettino das Schiff auf einen Felsen auflaufen liess, weil er vor einer blonden Frau ein bisschen angeben wollte. Schettino bestreitet dies allerdings.
Was genau am Abend des 13. Januar 2012 geschah, wird weiterhin das Gericht klären müssen. Der Prozess gegen Schettino wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung, Verursachung von Umweltschäden und Verlassens eines Schiffes in Seenot wird am 23. September im toskanischen Grosseto fortgesetzt. Dem Unglückskapitän drohen bis zu 20 Jahre Haft.