Um die 3000 Euro kostet die Entwicklerversion der «Hololens». Das ist kein Schnäppchen. Doch die Brille sei ihr Geld wert, meint Norbert Frei, Leiter der interstaatlichen Hochschule für Technik in Buchs: «Das ist ein richtiger PC, mit Kameras und vielen Sensoren».
Frei hat für sein Forscherteam ein Exemplar gekauft . Sein Eindruck nach rund zwei Monaten erster Tests: «Das Gerät ist super!»
Das will ich selber sehen: am Institut für Mobile und Verteilte Systeme der Fachhochschule Nordwestschweiz. Hier tüfteln Studenten seit Herbst letzten Jahres gleich mit zwei Brillen an möglichen Anwendungen.
Auch Dozent Martin Gwerder ist begeistert. Mit etwas Übung braucht er mittlerweile nur noch zwei Sekunden, um die Brille anzuziehen.
Bei mir dauert es etwas länger, bis ich den Durchmesser so eingestellt habe, dass die Brille fast auf meinem Kopf zu schweben scheint. Als ich es geschafft habe, erscheint sofort einige Meter entfernt ein Hamster in einem Rad – auf einem echten Tisch im Raum. Das ist erweiterte Realität!
Alles vermischt sich
Ich bin erstaunt, wie «echt» diese erweiterte Welt dem tatsächlichen Raum überlagert. Da die Brille keine Kabel besitzt, mit der sie an einen Computer angeschlossen werden muss, kann mich frei bewegen. Die Objekte bleiben dabei am Ort stehen und neue Dinge tauchen im Blickfeld auf, wenn ich den Kopf drehe.
Der Kopf und meine Blickrichtung übernehmen die Funktion einer Computermaus und geben die Richtung vor. Mit den Fingern meiner rechten Hand forme ich ein «L». Führe ich sie zusammen, ist das ein Mausklick.
Anders als bei einer VR-Brille ist mir auch nach einer Stunde nicht schlecht geworden – und die Brille drückt lediglich leicht auf dem Nasenrücken. Mehr darf auch nicht sein, denn schon bald wird es Anwendungen geben, bei denen eine «Hololens» über einen längeren Zeitraum getragen werden muss.
AR wird an vielen Orten Spuren hinterlassen
Eines dieser Projekte soll zum Beispiel Nachtwächtern die Arbeit leichter machen. Martin Gwerder hat die Idee, die «Hololens» so zu programmieren, dass die Brille die Sicherheitsleute während ihrer Tour unterstützt: mit Navigation, Gebäudeinformationen und automatischer Erkennung, welches Gebäude bereits überprüft wurde und welches nicht.
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Im medizinischen Bereich gibt sich das Inselspital Bern innovativ und setzt auf die «Hololens». Programmierer haben ein Hirn nachgebaut, an dem in Zukunft AR-bebrillte Ärzte Operationen besser planen können.
Ein anderer Ansatz ist , Aufnahmen eines Computertomographen vom Innern des Hirns mit dem realen Hirn eines Patienten zu überlagern. So kann ein Neurochirurge präzise sehen, wo er bei einer Ventikeldrainage welchen Schnitt ausführen muss. Bis jetzt war dieser Eingriff quasi ein «Blindflug».
Auch im Unterhaltsbereich könnte die erweiterte Realität eine grosse Zukunft haben. Der Lifthersteller Thyssenkrupp wird in den nächsten Monaten seine Servicemitarbeiter mit einer «Hololens» ausrüsten und ihnen so ermöglichen, Kenndaten eines Aufzugs schon vor einem Einsatz zu visualisieren.
Wie AR in der Produktion eingesetzt werden kann, zeigt Sportwagenhersteller Porsche. Ingenieure haben eine Tablet-Anwendung entwickelt , die einen Oberflächenscan über ein reales Bauteil einblendet.
Eine Einfärbung zeigt, wie sich die einzelnen Bauteile zueinander verhalten: Grün bedeutet, dass die Oberflächenbeschaffenheit den Vorgaben entspricht. Rot heisst, dass noch nachgebessert werden muss.
Wozu noch PCs und physische Monitore?
Nicht zuletzt könnten AR-Brillen unsere heutige Bürolandschaft verändern. Monitore und PCs werden überflüssig, weil die Brillen selber Computer sind und beliebig viele virtuelle Monitore einblenden können, auf denen allerlei Anwendungen laufen – Outlook, Word oder einen Internet Browser.
Spätestens dann wird das Bildschirm-Wisch-Szenario aus «Minority Report» real. In ganz vielen Ansätzen ist es das mit der «Hololens» bereits heute.