Tote Bären sind in Südtirol beliebtes Anschauungsmaterial in den Schulen. Das Amt für Jagd und Fischerei in Bozen (Südtirol) will mit den toten Exemplaren zeigen, dass sich vor Bären und ihren Krallen niemand zu fürchten braucht. Aber nicht alle sehen das so. Amtsvorsteher Martin Stadler meint: «Die Stadtbevölkerung kann sich vorstellen, mit dem Bären zu leben, aber die ländliche Bevölkerung, vor allem die Landwirte, sehen im Bären, im Grossraubwild, eher ein Problem.»
So wie im Weinbaudorf Tramin in Südtirol. Im letzten Winter strich dort ein Bär um die Höfe. Es waren die Spuren von M25, der im Mai in der Nähe von Zernez (GR) erstmals gesichtet wurde. Weil der Jungbär seine Bürger ängstigte, nahm Bürgermeister Werner Dissertori die Sache selber in die Hand. Er sah vom Bären eine «grosse Gefahr» ausgehen. Deshalb setzte er die Behörden unter Druck.
«Jetzt haben wir die Nase voll, jetzt ist die Geduld am Ende – entweder tut's ihr was in zwei Wochen oder sonst muss ich ihn zum Abschuss freigeben», droht Dissertori. Ein Affront, denn der Abschuss ist verboten.
Sorge vor einer sinkenden Akzeptanz
M25 gehört eigentlich nicht nach Tramin, sondern in den Naturpark Adamello-Brenta, etwas südlich von Tramin gelegen. Dort lebt eine Population von rund 50 Bären.
Vor 15 Jahren wurde dort der erste Bär ausgesetzt. Weitere folgten, das europäische Projekt «Life Ursus» wurde zum Erfolg. Von Anfang an dabei war der Zoologe Andrea Mustoni. Er konstatiert eine gesunkene Akzeptanz in der Bevölkerung, auch weil es immer mehr Bären gebe. «Wir haben Bedenken, dass die Akzeptanz noch mehr sinkt. Illegale Abschüsse könnten folgen und die Anwesenheit der Bären gefährden.»
Offenbar ist diese Sorge nicht unbegründet, denn die Zahl der Bären sinkt. Und das, obwohl viele Bären zur Welt gekommen sind. Wildhüter vermuten deshalb illegale Abschüsse von Bären durch erboste Bürger. Zumindest in einem Fall konnte der Verdacht bewiesen werden.
M25 wurde zwar nicht erschossen, aber der renitente Bär ging den Jagdbehörden tatsächlich in die Falle. Er wurde mit einem Sender ausgestattet, bevor er sich Richtung Graubünden aufmachte. Der Südtiroler Jagdvorsteher Martin Stalder ist jedenfalls froh, dass alles reibungslos über die Bühne gegangen ist.
Bürokratie verhindert schnelle Abschüsse
In der Gemeinde Tramin sieht man das nach wie vor anders. An den Bergflanken seien wieder Bären unterwegs, wenn auch unauffällig. Sollte jedoch einer der Bären auffällig werden, sollten diese abgeschossen werden können, meint der Jäger Werner Dibiasi. Denn «einen auffälligen Bären nicht zu entnehmen, schadet der Population. Es schadet den Bären mehr, als wie es uns schadet», sagt der Jäger.
Für den Bärenabschuss bräuchten die Südtiroler die Zustimmung aus Rom und die ist dank der italienischen Bürokratie nahezu unmöglich. Bislang sind die Bären in Italien also sicher – noch.