Die Digitalisierung beim Internetriesen Google schreitet voran. Strassen, Städte, Dörfer. Alles ist fotografiert, alles ist veröffentlicht. Ob Gondeln fahren in Venedig, tauchen auf Galapagos oder sogar eine Fluss-Fahrt im Grand Canyon – Google hat's gemacht. Nun sind die Schweizer Berge dran. Seit 2012 ist die Unesco-Strecke Albula-Bernina Online.
«Es ist Zeit, dass nach all den anderen Orten die Schweiz auch ein Highlight auf Google Street View hat. Das Angebot wird sicherlich kostenlos bleiben», sagt Samuel Leiser in der Sendung «10vor10». Leiser arbeitet für Google Schweiz.
Fotografiert und nicht gefilmt
Der Internetriese hat erstmals die Wanderung vom Grimselhospitz zur Lauteraarhütte digitalisiert. Fast fünf Stunden dauert der Aufstieg. Seit heute kann jeder virtuell am Bildschirm die Wanderung auf 2392 Meter machen.
Möglich gemacht hat das eine spezielle Kamera. «Es ist quasi ein Rucksack, mit einer speziellen Vorrichtung. Diese besteht aus 15 Einzelkameras, die 360-Grad-Bilder machen», erklärt Leiser. Alle Kameras zusammen seien in der Lage 75'000 Megapixel-Aufnahmen zu machen. «Die Einzelbilder werden in einem zweiten Schritt zusammengesetzt.»
Der Schweizerische Alpenclub SAC ist beteiligt an dem Projekt. Um den 19 Kilogramm schweren Street View-Trekker bis zur Hütte zu tragen, ist eine Gruppe von geübten SAC-Berggängern dabei. Und diese Route soll erst der Anfang sein. Fünfzehn weitere Wanderungen zu Hütten sind bereits geplant. Arbeitet also der SAC für Google? «Ein Stück weit ja. Aber wir haben festgestellt, dass die Google-Bilder auf sehr grosses Interesse stossen. Und das ist auch gut für uns», sagt Pit Meyer, SAC-Marketingleiter.
Paradies in Gefahr
Die Menschen suchen in den Alpen Erholung und Ruhe – Abseits vom Massentourismus, sagt Reimund Rodenwald. Genau dieses Paradies sein in Gefahr, sagt der Geschäftsleiter des Schweizer Landschaftsschutzes weiter. «Die virtuellen Bergwanderungen führen dazu, dass man nicht mehr in die Berge gehen muss.»
Zudem verändere sich unsere Beziehung zur Natur. Alles was man sehen möchte, sei bereits am Bildschirm betrachtet worden, sagt Rodenwald weiter. «Die Faszination vom persönlichen Erlebnis tritt zurück». Das Naturspektakel werde dadurch banalisiert. «Dadurch wird die Freizeit- und Erlebnisbranche gezwungen ständig neue Attraktionen zu schaffen. Das wirkt kontraproduktiv.»
Teurer Unterhalt
Trotz aller Kritik, den Hüttenwart der Lauteraarhütte freut diese virtuelle Wandertour. Heinz Müller erhofft sich, einen Anstieg der Übernachtungen in seiner Hütte. «Die Alphütten der SAC-Sektionen profitieren davon. Denn Unterhalt, Reparaturen und Investitionen verschlingen Unsummen an Geld.» Jede Übernachtung, die auf Grund der Google-Bilder zustande komme, sei wieder Geld in den Kassen der SAC-Sektionen.
Die digitale Wanderung zur Lauteraarhütte ist ab heute Online. Für alle anderen dauert der Weg weiterhin viereinhalb Stunden.