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Franziska Roth neben einem Wegweiser zu ihrer 100-Tage-Medienkonferenz
Legende: Die Aargauer Gesundheitsdirektorin will die Spitäler in die Pflicht nehmen – aber auch den einzelnen Bürger. Stefan Ulrich/SRF

Aargauer Regierungsrat Franziska Roth: «Es war ein Sprung ins kalte Wasser»

Der Druck auf das Gesundheitsdepartement und damit auf dessen Vorsteherin, Franziska Roth (SVP), ist gewaltig. Sparen ist das dominante Thema. Konkrete Vorschläge hat Roth noch nicht nach 100 Tagen im Amt. Sie hat aber eine Taskforce eingesetzt, auf der nun grosse Hoffnungen ruhen.

Als Quereinsteigerin wurde die Brugger Bezirksgerichtspräsidentin Franziska Roth im November neu in den Regierungsrat gewählt. Sie übernahm per Anfang Jahr das Departement Gesundheit und Soziales (DGS) von ihrer Vorgängerin Susanne Hochuli (Grüne).

«Es war ein Sprung ins kalte Wasser; ich bin ja sozusagen bei Null gestartet», sagt Franziska Roth im Gespräch mit Radio SRF. An der Medienorientierung in Brugg hatte sie sich als «politisches Greenhorn» bezeichnet.

Kostenwachstum eindämmen

Die neue Aargauer Regierung am 27. Nov. 2016.
Legende: 27. Nov. 2016: Franziska Roth (ganz links) wird im 2. Wahlgang in die Aargauer Regierung gewählt. Stefan Ulrich/SRF

Das dominierende Thema für Franziska Roth ist der Spardruck. Die Kosten im Gesundheitswesen steigen viel schneller als in anderen Bereichen. Pro Jahr gibt der Aargau über 700 Millionen Franken für Spitalrechnungen, Verbilligungen von Krankenkassenprämien und ausstehende Prämienzahlungen von Privaten aus. Und diese Kosten steigen jedes Jahr um rund 30 Millionen Franken an.

Das Departement Gesundheit und Soziales ist neben dem Bildungsdepartement der zweitgrösste Kostenfaktor im Kanton Aargau. Um das jährliche Defizit des Kantons von rund 200 Millionen Franken in den Griff zu erhalten, will die Politik nun vor allem im Gesundheitswesen und hier insbesondere bei den Spitälern ansetzen. Die Bildung ist nämlich praktisch tabu, das haben Entscheide des Volkes und des Kantonsparlaments gezeigt.

Taskforce Spitalfinanzierung

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  • Strategische Ebene: Franziska Roth (DGS), Markus Dieth (Finanzen), Staatsschreiberin
  • Ausschuss: 6 Mitglieder
  • Verhandlungsgruppe (12 Mitglieder, Verwaltung und Spitäler/Kliniken)

Die Taskforce trifft sich Ende April zum ersten Mal. Auftrag: «Lösungsorientierte Vorschläge, die im politischen Prozess eine Mehrheit finden können». (S. Campi, DGS)

Daher hat die Regierungsrätin eine «Taskforce Spitalfinanzierung» ins Leben gerufen. Die Gruppe solle offen und lösungsorientiert Kosteneinsparungen finden. Wichtig sei, dass alle am gleichen Strick zögen, betonte Roth. Als Motto nannte sie: «Kooperation statt Konfrontation». Es bestehe keine Absicht, ein Regionalspital zu schliessen, versicherte sie.

Die medizinische Grund- und Notfallversorgung im Aargau müsse gewährleistet bleiben. Es gehe darum, Ressourcen zu optimieren, und nicht alle Angebote müssten an jedem Ort erbracht werden. Auch die Bürger seien in der Pflicht, bei Kosteneinsparungen mitzuhelfen. Man solle nicht wegen jeder Kleinigkeit in den Notfall rennen.

Mehr Eigenverantwortung auch bei Integration

Franziska Roth kündigte wie schon Finanzdirektor Markus Dieth vor einer Woche «einschneidende Sparmassnahmen» an. Konkreter wurde sie aber nicht. Sie verwies auf den Gesamtregierungsrat, der im Mai eine Auslegeordnung der Sanierungsmassnahmen präsentieren werde.

Eine Sparmassnahme aus dem DGS ist allerdings bekannt. Sie betrifft das Asylwesen und dort minderjährige, alleinreisende Asylbewerber . Diese brachte der Kanton bis jetzt nach Möglichkeit in Pflegefamilien unter, sofern sie noch nicht 16 Jahre alt waren. Doch vor Ostern verhängte das DGS einen Platzierungsstopp. Hintergrund ist der Spardruck. Das Departement muss im Budget 2018 noch knapp 12 Millionen Franken sparen.

Franziska Roth, Sie haben entschieden, dass man keine Kinderflüchtlinge (UMA) mehr in Pflegefamilien platziert. Fachleute sagen, dass solche Kinder sowieso auf den falschen Weg gelangen, wenn sie nicht in Familien leben können, denn dann landen sie in der Sozialhilfe, was höhere Kosten versursacht, als wenn man jetzt in diese Kinder investiert. Da sind Sie ja wirklich in einem Dilemma ...

Wie das herauskommt, das weiss man immer erst im Nachhinein besser. Grundsätzlich denke ich, dass diese UMAs gut betreut sind, dort wo sie jetzt sind. Sie sind sehr teuer, diese UMAs. Natürlich, sie brauchen eine andere Betreuung als erwachsene Asylsuchende. Das Ziel kann auch nicht sein, dass man sie in Pflegefamilien aufnimmt, damit sie dann einfach sozusagen defintiv hier bleiben können. Das Ziel ist, dass sie hier Schutz finden, wenn sie Schutz brauchen. Und wenn sich zeigen sollte, dass sie die Flüchtlings-Voraussetzungen nicht mitbringen, dann müssen sie zurückgehen. Mit den Pflegefamilien ist natürlich vorgepfadet worden, dass man davon ausgeht, dass jene, die hierher kommen, einfach bleiben. Und das kann nicht die Absicht sein.

Integration generell, nicht bezogen auf Kinderflüchtlinge, sondern bezogen auf Leute aus Eritrea, Afghanistan oder Syrien – diese sind ja in der grossen Mehrheit nicht als Flüchtlinge anerkannt, sondern hier vorläufig aufgenommen. Viele sagen, man müsse diese Menschen integrieren, sonst hätten wir Probleme mit ihnen. Aber wenn man sie integriert, kann man sie ja nicht mehr ausschaffen. Sind Sie auch von daher restriktiv mit dem Integrieren?

Natürlich ist das ein Dilemma. Man muss einerseits integrieren, andererseits besteht das Ziel darin, den Leuten Sicherheit zu bieten, aber sie auch zur Rückkehr zu bewegen, wenn die Krise in ihrem Land vorbei ist.

Ihre Botschaft an die Gemeinden des Aargaus, die für die vorläufig Aufgenommenen zuständig sind, ist also: Nicht zu viel integrieren, sonst bringt ihr sie nicht mehr zurück?

Es hält ja den einzelnen Asylsuchenden nichts davon ab, aus eigener Initiative Deutsch zu lernen und versuchen, sich zu integrieren. Es fragt sich immer: Wie viel Integrationsarbeit braucht es von aussen? Wie viel kann man von den Leuten, die zu uns kommen und hier sehr viel entgegen nehmen, auch selber erwarten, dass sie sich selber auch beteiligen an der Integration?

Aber: Man kann sich noch so sehr um Integration bemühen – wenn der Entscheid kommt zurückzugehen, dann müssen sie zurück?

Das ist so.

(Das Gespräch führte Stefan Ulrich.)

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