Carlos Gimeno kam 1964 aus Spanien in den Aargau. Der ausgebildete Augenoptiker arbeitete über Jahrzehnte in der Metallindustrie in der Region Aarau. Nun ist er 75-jährig und Präsident des spanischen Vereins in der Kantonshauptstadt.
Für Gimeno ist das Hauptproblem älterer Migranten die Sprache. «Wir haben damals nicht richtig Deutsch gelernt», klagt der Spanier. Heute habe Integration einen viel höheren Stellenwert als damals. Wer aber zum Beispiel im Altersheim kein Deutsch spreche, sei isoliert. «Das führt zu Depressionen».
Die gleichen Probleme, aber stärker
Diana Müller von der Pro Senectute Aargau führt weitere Schwierigkeiten auf. Ältere Migranten hätten häufiger körperliche Beschwerden, weil sie besonders harte Arbeit geleistet haben. Und: Ältere Migranten haben häufiger finanzielle Probleme, weil sie wenig verdienten und nun mit tiefen Renten leben müssen.
Vor allem aber gibt es zwischen der ersten Generation Ausländer und den auf Altersfragen spezialisierten Institutionen im Kanton auch kulturelle Hürden. «Bei der Spitex kommt es zum Beispiel vor, dass man sie kaum in die Wohnung lässt», erzählt die Altersexpertin Müller. Das Problem: Ältere Türken, Spanierinnen oder Portugiesen wollen sich in der Regel von Familienangehörigen pflegen lassen und ohne externe Hilfe auskommen.
«Aber die zweite und dritte Generation ist in der Schweiz sozialisiert worden und hat vielleicht auch keine Zeit für diese Pflege.» Ein Generationenkonflikt, der ausländische Familien stark belasten kann.
Information und Prävention mit Migrantenvereinen
Erst seit wenigen Jahren ist den Fachverbänden bewusst, dass die Pflege von älteren Migrantinnen und Migranten zu einer Herausforderung werden kann. Am «Forum Integration» diskutieren verschiedene Organisationen am Donnerstag in Aarau mögliche Projekte und Lösungsansätze.
Pro Senectute und andere Organisationen versuchen zum Beispiel, zusammen mit Ausländerorganisationen präventiv zu wirken. «Wir geben die Informationen über das Gesundheitssystem und über Angebote weiter an die Organisationen», erklärt Diana Müller. Glücklicherweise seien die älteren Ausländer in ihren Vereinen und Clubs sehr gut organisiert.
Daneben wurden im Aargau bereits erste konkrete Projekte lanciert. Zum Beispiel gibt es Besuchsdienste für Italienerinnen und Italiener in Altersheimen. Natürlich will Pro Senectute aber auch die Institutionen sensibilisieren: Pflegeheime, Spitex und Co. müssen sich darauf einstellen, dass immer mehr ältere Migranten ihre Dienste in Anspruch nehmen – mit allen sprachlichen und kulturellen Schwierigkeiten, die das mit sich bringt.
Zurück in die «Heimat» ist keine Option
Man könnte sich angesichts dieser Schwierigkeiten fragen: Warum kehren nicht mehr Migrantinnen und Migranten zurück in ihre Heimatländer? Carlos Gimeno bringt es auf den Punkt: «Wenn ich nach Spanien komme, dann rufen sie mich 'den Schweizer'. Wenn ich wieder in die Schweiz komme, dann bin ich ein Spanier.» Er habe einen spanischen Pass, aber eine Schweizer Mentalität.
Zudem sei er zu alt für einen Neuanfang. «Spanien hat sich verändert, es ist nicht mehr dasselbe Land wie vor fünfzig Jahren.» Carlos Gimenos Geschichte zeigt exemplarisch, was Schriftsteller Max Frisch schon 1965 geschrieben hat: Man hatte Arbeitskräfte gerufen, aber es sind Menschen gekommen.