Es ist ein Anlass mit Seltenheitswert: Journalistinnen und Journalisten der Konkurrenzblätter «Bund» und «Berner Zeitung» machen gemeinsame Sache. Vor dem Redaktionsgebäude am Dammweg essen sie Risotto, um auf den drohenden «Einheitsbrei» in den Berner Medien hinzuweisen.
Wie weiter mit «Bund» und «Berner Zeitung»?
Einen Einheitsbrei gebe es, wenn das Besitzerhaus Tamedia tatsächlich die Mäntel seiner Lokalzeitungen zusammenlegt. Und genau das müsse man aus den bisherigen Andeutungen schliessen, betonten Vertreter der beiden Redaktionen.
Kompetenzzentren bilden
Vermutet wird unter anderem, dass künftig Kompetenzzentren gebildet werden, von welchen aus die verschiedenen Titel des Tamedia-Verlags beliefert werden.
Markus Dütschler, Präsident der Personalkommission bei der Tageszeitung «Der Bund», bezeichnete das Risotto-Essen als Zeichen gegen innen und aussen. «Von Tamedia, dem Platzhirsch der Branche, darf man erwarten, dass er Publizistik nicht nur mit dem Rotstift betreibt.»
«Wir kennen die Situation auf dem Inseratemarkt und ignorieren sie nicht», sagte Dütschler. Die Redaktionen würden auch keine Besitzstandswahrung betreiben. «Aber wir verlangen, dass man uns einbezieht, denn schliesslich sind wir es, die die Inhalte produzieren.»
Die Journalisten wollen einbezogen werden.
Jürg Steiner, Präsident der Personalkommission der «Berner Zeitung», gab zu bedenken, dass es dieses Mal nicht darum gehe, einen der beiden Titel zu retten. Vielmehr seien beide Lokalkonkurrenten bedroht, «und zwar von innen und von aussen, weil sie ausgehöhlt werden könnten».
Bundesbern ohne nationale Redaktion
Zudem gehe es auch um den Medienplatz Bern, so Steiner: «Bern als Bundeshauptstadt hätte keine Kompetenz mehr in der Berichterstattung über Inland-, Ausland-, Wirtschafts- und Sportthemen.»
Am Anfang stand die Redaktion unter Schock.
Viele seien verunsichert angesichts der Pläne, die Tamedia hege, sagt Steiner. Als die ersten Informationen bekannt wurden, habe in der Redaktion eine Schockstarre geherrscht.
Nichts Konkretes von Tamedia
Wie die Pläne genau aussehen, ist nicht klar. Seit einigen Monaten werden in den Medien Gerüchte und mögliche Szenarien kolportiert. Tamedia-Sprecher Christoph Zimmer sagt heute lediglich, dass seit letztem Herbst eine Projektgruppe existiert, in der auch die Chefredaktoren einzelner Titel sässen. «Es sind viele Szenarien entwickelt und viele auch wieder verworfen worden. Entschieden ist bisher noch nichts.»
Zimmer sagt aber auch, dass die Entscheide wohl nicht allen gefallen werden. «Wir haben mit massiv sinkenden Werbeumsätzen zu kämpfen. Allein 2017 sanken die Einnahmen um 15 Prozent.» Sparprogramme und Zusammenlegungen werden also wohl unumgänglich sein. Einen Termin für die Bekanntgabe der Pläne nannte er nicht.