«Heimat ist dort, wo die Familie und die Freunde sind», sagt Meral Kureyshi. Sie war 9-jährig, als ihre Familie vor dem Krieg im Kosovo in die Schweiz flüchtete. Ihre erste Unterkunft war in einer Berner Zivilschutzanlage. «Der Bunker war nicht schön, aber ich hatte meine Familie bei mir.»
Die andern waren alle so schön angezogen.
Das Fremdsein erlebte sie in der Schule. Es habe vor ihr keine Ausländer in dieser Schule in Neuenegg gehabt. «Und plötzlich stand ich da, mit meinen dunklen Locken, einem karierten Hemd, Latzhosen und roten Schuhen.» Die andern seien alle so schön angezogen gewesen, hätten glatte Haare gehabt, viele seien blond gewesen. «Da fällt man halt schon auf.»
Doch Meral Kureyshi konnte sich schnell anpassen: «Ich bin ein Chamäleon», sagt sie auf die Frage, warum sie ihre Tagebucheinträge schon bald auf deutsch schrieb. Und geschrieben hat sie stets viel. Das Schreiben sei ihr in ihrer Kindheit ein Freund gewesen.
Ich hatte nur DJ Bobo- und Sportfans als Freunde.
Später hat Meral Kureyshi das Literaturinstitut in Biel absolviert und seit ein paar Jahren organisiert sie Lyrikateliers für Kinder, Jugendliche und Erwachsene in Bern. So etwas hätte sie sich als Kind gewünscht: «Ich hatte nur Indianerfans und DJ Bobo-Fans, Hockey- und Handballfans als Kollegen.» Ihre Liebesgedichte habe sie damals mit niemandem teilen können.
Im Sommer 2015 ist ihr erster Roman erschienen, «Elefanten im Garten». Er erzählt die Geschichte einer Familie, die in den 90er-Jahren vor dem Krieg aus dem Kosovo in die Schweiz geflüchtet ist. Die Geschichte eines Mädchens, das zwei verschiedene Kulturen kennenlernt, und die Geschichte einer jungen Frau, die nach dem Tod ihres geliebten Vaters ihren Wurzeln nachspürt.
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Ist es die Geschichte der Autorin? «Es ist ein Roman», sagt Meral Kureyshi als Sonntagsgast im «Regionaljournal Bern Freiburg Wallis». Es seien Erinnerungen, Gedanken. Und Erinnerungen seien immer eine Interpretation. «Die Geschichten, welche mein Vater mir erzählt hat, vermischen sich so stark mit meinen Erinnerungen, dass ich nicht sagen kann, ob es wahr ist.»
«Elefanten im Garten» ist im Limmatverlag erschienen.
(Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 17:30 Uhr)