Am Wochenende wurde Johannes Flury zum neuen Präsidenten der Lia Rumantscha, dem Dachverband der romanischen Sprach- und Kulturvereine, gewählt. Das besondere an seiner Wahl: Flurys Muttersprache ist Deutsch, Romanisch hat er gelernt.
Jeder, der einigermassen Romanisch spricht, versteht einen Nachrichtenblock auf Rumantsch Grischun.
«Ich liebe diese Sprache, reagiere aber wohl weniger emotional auf Romanische Themen als Menschen, die romanisch aufgewachsen sind», so Flury gegenüber dem Regionaljournal Graubünden. Da er seine allererste Stelle in Sent antrat, musste er Romanisch lernen, habe dies aber gerne gemacht.
Im Vorfeld der Wahl wurde Flury vorgeworfen, kein «richtiger Romane» zu sein. Es gebe heute den «richtigen Romanen» aber gar nicht mehr: «Das war noch der Fall, als es geschlossene romanischsprachige Gebiete gab. Heute gibt es aber verschiedene Schattierungen.» So gebe es heute viele Menschen, die lange im romanischsprachigen Gebiet gelebt haben, dies heute aber nicht mehr tun. Deshalb müsse definiert werden, wer nun ein Rätoromane sei.
Eine Möglichkeit dafür sei etwa ein Test. «Ähnlich, wie er heute von Bürgerrechts-Bewerbern abgelegt werden muss.» Auch für diese Idee gebe es aber andere Vorschläge. Etwa, dass mindestens ein Grosselternteil romanischsprechend sein müsse.
Mehr Mitspracherecht für alle Rätoromanen?
Eines der Themen, das Johannes Flury in seiner neuen Funktion beschäftigen wird, ist Rumantsch Grischun. «Rumantsch Grischun ist ein kantonales Thema, das heute häufig nur von den Gemeinden diskutiert wird. Vielleicht muss sich das ändern und alle Romanischsprachigen Bündnerinnen und Bündner sollten über einige Punkte mitdiskutieren können», so Flury. So wäre es möglich, dass eine Mehrheit der Rätoromanen hinter einem solchen Entscheid stehen könnten, was ein starkes Signal wäre.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie die Lia Rumantscha künftig organisiert sein soll. Hier möchte Flury die Strukturen des Dachverbands überdenken, sodass mehr Mitsprache aller Rätoromanen möglich wird.