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Tödlicher Einsatz in Malters Luzern: Kommandant und Chef der Kriminalpolizei werden angeklagt

Der Polizeieinsatz in Malters vom vergangenen März endet für zwei Kaderleute vor Gericht. Der ausserordentliche Staatsanwalt erhebt Anklage gegen den Luzerner Polizeikommandanten und den Kripochef. Der Luzerner Sicherheitsdirektor gibt sich gelassen.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Der ausserordendliche Aargauer Staatsanwalt Christoph Rüedi hat Zweifel an der Verhältnismässigkeit des Polizeieinsatzes von Malters.
  • Der zuständige Luzerner Justizdirektor Paul Winiker kann einer Anklage auch Positives abgewinnen.
  • Der Klägeranwalt ist erfreut, dass ein Gericht den Fall klären soll. Die Anwälte der Polizeichefs sehen einer möglichen Verhandlung gelassen entgegen.

Beim umstrittenen Polizeieinsatz im März in Malters hatte sich eine 65-jährige Frau während 17 Stunden in einer Wohnung verschanzt. Sie wehrte sich mit Waffengewalt gegen die Aushebung einer Hanfanlage ihres Sohnes.

Die Luzerner Polizei entschied, die Wohnung durch die Zentralschweizer Sondereinheit Luchs stürmen zu lassen. Die Polizisten fanden die Frau leblos im Badezimmer vor. Sie hatte sich selbst erschossen.

Der Sohn der Verstorbenen, der sich zum Zeitpunkt der Intervention in Untersuchungshaft befand, reichte darauf Anzeige gegen die Polizeispitze wegen Amtsmissbrauchs und fahrlässiger Tötung ein. Mit dem Verfahren wurde ein ausserkantonaler Staatsanwalt, der Aargauer Christoph Rüedi, betraut.

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Die Zweifel des Staatsanwalts

Nun will Rüedi also gegen Polizeikommandant Adi Achermann und Kripochef Daniel Bussmann Anklage vor Gericht erheben. Auf Anfrage von Radio SRF machte er keine detaillierten Angaben zu den genauen Beweggründen. Er bestätigte lediglich, er habe den Parteien seine Absicht, Anklage zu erheben, mitgeteilt. Denn er könne zum jetzigen Zeitpunkt nicht zweifelsfrei sagen, ob die Luzerner Polizisten richtig gehandelt hätten.

Rüedi sagt weiter, dass er das Verfahren gegen die beiden Luzerner Polizisten noch nicht abgeschlossen habe. Dies werde wohl Ende 2016 oder Anfang 2017 der Fall sein. Es gebe somit gegen eine Anklageerhebung noch immer einen Vorbehalt.

Die Reaktion des Justizdirektors ...

Nach der nun angekündigten Anklage verweist der Luzerner Justizdirektor Paul Winiker auf die Unschuldsvermutung. Gleichzeitig sagt er im Interview mit Radio SRF: «Es ist durchaus im Interesse der betroffenen Polizisten, dass nun ein Gericht die Fakten gewichtet und ein Urteil spricht.»

Im September war bekannt geworden, dass die beiden Kaderleute vorläufig keine heiklen Einsätze mehr leiten dürfen. «Vor weitergehenden vorsorglichen Massnahmen» gegen die beiden sieht Regierungsrat Paul Winiker ab. Dass der Fall das Vertrauen der Bevölkerung in die Luzerner Polizei schmälern könnte, glaubt Winiker nicht.

... und der beteiligten Anwälte

Oskar Gysler, Anwalt des Sohnes der verstorbenen Frau, nimmt die Anklage mit Befriedigung zur Kenntnis: «Der Staatsanwalt ist offenbar auch der Meinung, dass der Polizeieinsatz nicht korrekt ablief.»

Anders sieht das Beat Hess von der Anwaltskanzlei, welche die beiden Polizeikader vertritt. Der Einsatz sei richtig und verhältnismässig gewesen: «Die Verhandlung wird das bestätigen, und wir erwarten einen Freispruch.»

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