«Wir sollten nicht zulassen, dass einzelne Touristen ihre Frauen total verschleiert durch die Bahnhofstrasse führen», so der SP-Regierungsrat Mario Fehr in einem Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung» vom Donnerstag. Für solches Verhalten habe er kein Verständnis: «Ich bin ein liberaler Mensch, und in einer liberalen Gesellschaft zeigt jeder sein Gesicht», so Fehr weiter.
Die Forderung des Sicherheitsdirektors kommt nicht überall gut an. Martin Sturzenegger, Direktor von Zürich Tourismus, findet klare Worte: «Persönlich finde ich, man sollte intolerantem Verhalten nicht mit Intoleranz begegnen. Aus touristischer Sicht wäre es ein falsches Zeichen.» Sturzenegger befürchtet, man würde die arabischen Gäste vergraulen.
Man sollte intolerantem Verhalten nicht mit Intoleranz begegnen.
Dieser Ansicht widerspricht Nicole Barandun. Auch sie wünscht sich als Präsidentin des Stadtzürcher Gewerbeverbandes einen florierenden Tourismus. Ein Burka-Verbot schade dem Tourismus-Standort Zürich jedoch nicht, ist sie überzeugt: «Es gibt viele Frauen aus dem arabischen Raum, die nicht komplett verhüllt sind. Mit einem Kopftuch habe ich persönlich überhaupt kein Problem.» Im Gegenteil sei es für eine Destination schlecht, wenn zu viele Frauen im Vollschleier kämen, so Barandun. Das gäbe den anderen Touristinnen ein schlechtes Gefühl.
Einmal mehr gegen Genossen-Meinung
Kritik kommt aber nicht nur vom Tourismus-Direktor. Auch innerhalb seiner Partei ist die Forderung von Mario Fehr umstritten. Erst im Mai hat sich die SP-Fraktion im Zürcher Kantonsrat gegen ein Vermummungsverbot ausgesprochen. Ein solches schade den Frauen, die zum Tragen einer Burka gezwungen würden, warnte die SP damals.
Nun versucht der Präsident der kantonalen SP, Daniel Frei, die Wogen etwas zu glätten. Als Regierungsrat dürfe Mario Fehr selbstverständlich seine persönliche Meinung äussern. Ausserdem sähen auch viele SP-Mitglieder Diskussionsbedarf beim Thema Burka, so Daniel Frei: «Es ist breiter Konsens in der SP, dass die Menschen unverhüllt durch die Strassen gehen und ihr Gesicht zeigen sollen.» Was die konkreten Folgen dieser Forderung sein sollen, da seien die Meinungen der Genossen aber geteilt.
Gleichzeitig sagt Daniel Frei auch: «Es ist kein Geheimnis, dass gewisse Spannungen bestehen zwischen Mario Fehr und einem Teil der SP. Es ist allerdings ein kleiner Teil der Partei.» Namentlich die Juso (siehe Tweet unten) und linke Vertreter. Insgesamt mache Mario Fehr aber «solide sozialdemokratische Politik» und sei «ein hervorragend gewählter SP-Vertreter im Regierungsrat».
Anlauf auf nationaler Ebene - Zürich dagegen
Im Mai hatte der Zürcher Kantonsrat eine Parlamentarische Initiative der christlich-konservativen EDU für ein Vermummungsverbot klar abgelehnt. Neben der SP sprach sich auch die FDP dagegen aus: Frauen in einer Burka seien in Zürich nur selten anzutreffen. Und wenn, dann handle es sich bei ihnen meist um kaufkräftige Touristinnen, die in der Zürcher Bahnhofstrasse einkaufen.
Im Kanton Tessin gilt seit dem 1. Juli ein Verbot für Burkas und Niqabs. Und auch auf nationaler Ebene läuft derzeit die Unterschriftensammlung für die Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot». Die Initianten vom sogenannten «Egerkinger Komitee» um den Solothurner SVP-Nationalrat Walter Wobmann haben bis am 15. September 2017 Zeit, die nötigen 100'000 gültigen Unterschriften zu sammeln.