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Abstimmung Kanton Wallis Konservative Bedenken überwiegen progressive Ideen

Die Walliser Stimmbevölkerung lehnt die neue Kantonsverfassung ab. Und anders als befürchtet, wurden heute keine Röstigräben aufgerissen.

Es ist fast auf den Tag genau sechs Jahre her: Am 4. März 2018 haben die Walliser Bürgerinnen und Bürger eine Volksinitiative für die Totalrevision der Verfassung angenommen. In der Folge haben 130 eigens dafür gewählte Verfassungsrätinnen und -räte am neuen Entwurf gearbeitet.

Über vier Jahre und mehr als sieben Millionen Franken haben sie in diese Aufgabe investiert und heute hat die Walliser Stimmbevölkerung das Verdikt gesprochen, das da lautet: «Danke für die Arbeit, aber Nein!»

Röstigraben ist nicht vorhanden

Der Verfassungsentwurf wurde an der Urne klar und deutlich abgelehnt und es zeigt sich: Es gibt in dieser Frage keinen Graben zwischen dem französischsprachigen Unterwallis und dem deutschsprachigen Oberwallis. Die Ablehnung ist unisono.

Was also ist passiert? Warum sagen die Bürgerinnen und Bürger zuerst Ja zur Erarbeitung einer neuen Kantonsverfassung, nur um den mit viel Aufwand erstellten Entwurf dann später abzulehnen?

Es lebt sich gut im Wallis

Ein Grund dafür mag sich in der fehlenden Relevanz für das persönliche Wohlergehen des Einzelnen finden. Es lebt sich gut im Wallis. Auch mit der aktuellen Verfassung aus dem Jahre 1907. Die neue Verfassung würde sich gefühlt und unmittelbar nur marginal auf das Leben der meisten Menschen auswirken.

Zwar erklärten die Befürwortenden immer wieder, dass die moderne Verfassung die Grundrechte von Frauen, Kindern, Senioren und Menschen mit Behinderungen stärke und dass sie die demokratischen Rechte der Bürgerinnen und Bürger ausbaue.

Doch genau dieser Ausbau lenkte letztlich das Wasser auf die Mühlen der Verfassungsgegner. Sie warnten vor dem finanzpolitischen Rattenschwanz, den die neue Verfassung nach sich ziehen werde.

Der Sozialstaat und damit einhergehend der Verwaltungsapparat werde aufgebläht und das verursache jährliche Mehrkosten in bis zu dreistelliger Millionenhöhe. Das waren sicher Argumente, die ihre Wirkung nicht verfehlt haben.

Kantonale Einheit durch neue Verfassung gefährdet

Ein weiterer Grund für das deutliche Nein dürfte die kantonale Einheit gewesen sein. Diese sahen viele Gegnerinnen und Gegner im Vorfeld der Abstimmung gefährdet. Der Vorwurf am Entwurf: Er benachteilige die deutschsprachige Oberwalliser Minderheit.

In der Tat verliert das Oberwallis aufgrund der Bevölkerungsentwicklung seit Jahren Sitze im Kantonsparlament. Deshalb hätte man sich gerne eine garantierte Mindestanzahl in die Verfassung schreiben lassen wollen.

Dieses Anliegen fand im Verfassungsrat indes kein Gehör, dafür im Abstimmungskampf umso mehr. Auch bei der französischsprachigen Mehrheit. Und so stimmten am Ende wohl auch viele Unterwalliser gegen die neue Verfassung, nur um die kantonale Einheit nicht zu gefährden.  

Und so hat das deutliche Nein zur neuen Verfassung am Ende des Tages die Gräben zugeschüttet, bevor sie sich so richtig öffnen konnten.

Mit kleinen Schritten schneller ans Ziel

Im Wallis wird man die Lehren daraus ziehen. Im eher konservativ geprägten Kanton kommt man mit kleinen Schritten vermutlich schneller ans Ziel, als mit allzu progressiven Sprüngen. 2015 wurde bereits einmal eine grosse Teilrevision der Kantonsverfassung abgelehnt. 2024 nun die Gesamtrevision. Heisst: Die Verfassung von 1907 bleibt auch weiterhin das Grundgerüst, auf dem die Walliser Gesellschaft steht. An diesem Gerüst darf, wenn nötig, geschraubt werden. Aber sachte.

Roger Brunner

Roger Brunner

Wallis-Korrespondent

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Roger Brunner ist seit 2014 TV-Korrespondent und berichtet für SRF aus dem Kanton Wallis.

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 03.03.2024, 17:30 Uhr

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