«Gegen die Abzockerei», «Durchsetzungsinitiative» «Mindestlohn-Initiative». Der richtige Titel einer Abstimmungsvorlage ist entscheidend für den Erfolg einer Vorlage. Davon ist der Kommunikationsstratege und Campaigner Daniel Graf überzeugt.
Aus «für eine öffentlich Krankenkasse» wurde «Einheitskasse»
Der Titel einer Initiative prägt die Diskussion. Er kann über Sieg und Niederlage entscheiden, sagt Graf im Gespräch mit der «Tagesschau». Als Negativ-Beispiel nennt Graf die Initiative «Für eine öffentliche Krankenkasse». Niemand habe diesen Titel verwendet, in der öffentlichen Diskussion sprachen alle nur von der «Einheitskrankenkasse». Dieser negativ geprägte Begriff habe den Initianten geschadet, ist Graf überzeugt. Die Vorlage wurde mit fast 70 Prozent Nein-Stimmen abgelenht.
Kurze, knappe, emotionsgeladene Titel, die das Thema auf den Punkt bringen, schlügen ein, sagt Campaigner Graf aus seiner Erfahrung. Geglückte Beispiele seien «Gegen die Heiratsstrafe» oder «Gegen die Abzockerei».
Keine Irreführung, keine Werbung
Die Initianten von Initiativen sind grundsätzlich frei den Titel zu wählen, erklärt René Lenzin von der Bundeskanzlei (BK). Doch ist eine Titel «irreführend, enthält er persönliche oder kommerzielle Werbung oder kann er zu Verwechslungen führen, dann kann die Bundeskanzlei den Titel ändern,» sagt Lenzin gegenüber der «Tagesschau».
Dies sei in den letzten 20 Jahren nur zwei Mal vorgekommen. Etwa 1999 bei der Vorprüfung der Initiative «Das freie Wort» zur Aufhebung des Rassendiskriminierungs-Artikels im Strafgesetzbuch. Damals schritt die Bundeskanzlei ein. Der Titel sei «irreführend», die BK ergänzte den Titel mit dem Zusatz «unter gleichzeitiger Abschaffung des Verbots der Rassendiskriminierung».
Titeländerung als Taktik
Auch die aktuelle «Milchkuh-Initiative» könnte nach Ansicht der BK «irreführend» sein. Sie töne eher nach Landwirtschaft und nicht nach einer Automobil-Vorlage. Die Initianten selber änderten darum den Titel «Milchkuh» nach der Unterschriftensammlung.
Die Vorlage heisst jetzt offiziell «Für eine faire Verkehrsfinanzierung». Hinter dieser Titeländerung stecke Taktik vermutet Politikwissenschaftler Claude Longchamp. Es reiche in der Frühphase einer Kampagne mit einem Begriff ein Thema zu lancieren z.B. mit «Milchkuh-Initiative».
Nachher wollten die Medien mehr wissen, man müsse mehr in die Tiefe gehen, Argumente bringen. So sei aus der «Milchkuh-Initiative» «Für eine faire Verkehrsfinanzierung» geworden. Dieser Titel sage doch schon ein wenig mehr aus als das einfache Bild der Milchkuh.
Sperrige, lange Titel seien heute chancenlos glauben Graf und Longchamp. In dieser Logik war 1:12 der effizienteste Titel, den es je gab, sagt Longchamp.