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Horst-Michael Prasser / Kühlturm / Eduard Kiener
Legende: Schweizer AKW schonten die Umwelt, sagen die Horst-Michael Prasser (links) und Eduard Kiener. Keystone

Atomausstiegs-Initiative «Kernenergie und Erneuerbare gehen Hand in Hand»

Diese beiden Energiespezialisten sehen die Atomkraft als Teil eines ausgeklügelten Energiesystems, das nicht von heute auf morgen verändert werden kann ohne negative Folgen für die Umwelt. Deshalb sind sie gegen die Atomausstiegs-Initiative. Hier ihre Standpunkte.

Diese Atomexperten sagen Ja

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Marcos Buser, Experte für die Entsorgung radioaktiver Abfälle, und Dieter Majer, ehemaliger Chef der deutschen Atom-Aufsichtsbehörde, sind für die Initiative. Warum, lesen Sie hier .

Sind die Schweizer Atomkraftwerke sicher? Oder sollte man sie spätestens nach 45 Betriebsjahren abschalten? Darüber entscheidet das Schweizer Stimmvolk am 27. November .

Was halten Energiefachleute, die sich während Jahrzehnten mit der Materie befasst haben, von der Atomausstiegs-Initiative der Grünen? SRF News hat vier von ihnen befragt.

Eduard Kiener wird in einem Monat ein Nein in die Urne legen. Dasselbe würde der Deutsche Horst-Michael Prasser tun. Warum, das erklären die beiden im Gespräch mit SRF News.

Die Kernenergie ist gleichberechtigt in einem Portfolio von CO2-freien, zukunftsgerichteten Energiequellen.
Autor: Horst-Michael Prasser Professor für Kernenergie-Systeme
Horst-Michael Prasser
Legende: Einfach abschalten? Das wäre ein schlechtes Signal für Welt, meint Horst-Michael Prasser. Keystone

«Ich würde Nein stimmen. Aus meiner Sicht sollten technische Gründe den Ausschlag dafür geben, ob ein Kernkraftwerk abgeschaltet wird, und nicht eine willkürlich festgelegte Laufzeit.

Die KKW in der Schweiz sind unterschiedlich aufgebaut: Die neueren Werke altern viel weniger schnell als die älteren. Diese Unterscheidung macht die Initiative nicht.

Ein schlechtes Vorbild

Mich treibt um, dass ein Land, das so fortschrittliche KKW hat wie die Schweiz, seine Werke einfach abschalten will. Das wäre so ein schlechtes Signal für eine Welt, die dringend ihr CO2-Problem lösen muss.

Horst-Michael Prasser

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Der Ingenieur ist Professor für Kernenergiesysteme an der ETH Zürich und Leiter des Labors für Thermohydraulik am Paul Scherrer Institut. Sein Lehrstuhl wird von Swissnuclear finanziert. Prasser war im Ensi-Rat.

Viele Länder versuchen, aus Kohle und fossilen Energiequellen auszusteigen und mit Kernenergie und Erneuerbaren die Klimaziele zu erreichen und ihre Umweltprobleme in den Griff zu bekommen. Weltweit wird es ohne KKW keinen vernünftigen Klimaschutz geben.

Die zu erwartenden Klimaprobleme werden von vielen gewaltig unterschätzt. Ich erwarte beispielsweise neue grosse Flüchtlingsströme aus besonders betroffenen Regionen. Es ist für mich immer wieder verwunderlich, mit welcher Leichtigkeit über dieses Thema hinweggegangen wird.

Deutschland hat praktisch kein CO2 eingespart

Deutschland hat viel Geld in Erneuerbare gesteckt – doch durch den beschlossenen Atomausstieg ist alles konterkariert worden. Bisher hat Deutschland praktisch kein CO2 eingespart – trotz gigantischer Anstrengungen.

Der Stromverbrauch in der Schweiz wird trotz Sparbemühungen weiter steigen. Heute werden beim Heizen oder im Verkehr überwiegend fossile Energieträger eingesetzt – künftig mehr Elektrizität. Das wird man nicht alles Schultern, indem man einfach grosse Parks von erneuerbarer Energie und grosse Speicherwerke baut. Gerade Strom zu speichern ist ein riesiges Problem. Für Batterien zum Beispiel braucht man eine ganz neue, grosse Chemie-Industrie, um diese herzustellen und immer wieder zu recyclen.

Die Schweiz hat mit ihren fünf KKW einen Wert – nicht nur ökonomisch, sondern auch ökologisch: Es mussten keine fossilen Kraftwerke aufgebaut werden. Deshalb ist die Kernenergie aus meiner Sicht gleichberechtigt in einem Portfolio von CO2-freien, zukunftsgerichteten Energiequellen. Kernenergie und Erneuerbare gehen Hand in Hand.»

Bevor das System angepasst wird, sollten wir nicht eine Produktionsart rauswerfen.
Autor: Eduard Kiener ehem. Direktor des Bundesamtes für Energie
Eduard Kiener
Legende: KKW abstellen, um Atomstrom zu importieren – das sei keine Art, sagt Eduard Kiener. Keystone

«Schalten wir die Kernkraftwerke vorzeitig ab, müssen wir Strom importieren. Dieser stammt aus anderen KKW, hauptsächlich aber aus Kohlekraftwerken. Mit dieser CO2-Belastung tun wir dem Klima nichts Gutes. Das ist für mich ein wesentlicher Grund, Nein zu stimmen.

Risiken einfach exportieren

Hinzu kommt: Importieren wir Atomstrom, exportieren wir faktisch das Risiko und die Abfälle. Bei Strom aus Kohlekraftwerken wird die CO2-Belastung dem Produktionsland verrechnet. Beides ist nicht die Art des feinen Mannes.

Eduard Kiener

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Der gelernte Maschineningenieur und Ökonom war während 23 Jahren Direktor des Bundesamtes für Energie. Vor der Gründung des Ensi war ihm die für die Sicherheit von AKW verantwortliche Abteilung unterstellt.

Klar, ein altes KKW wie Mühleberg oder Beznau wird nie den Stand eines neuen KKW haben. Das Intelligenteste wäre, die alten KKW ausser Betrieb zu nehmen und rasch neue zu bauen. Doch man hat in der Schweiz immer wieder nachgerüstet. Beznau und Mühleberg wurden mit mehr Geld nachgerüstet, als sie initial gekostet hatten. Doch natürlich hat dies Grenzen – wir können nicht Mühleberg flugzeugabsturzsicher machen.

Einen dramatischen Terror-Anschlag wie 9/11 könnte es aber nicht nur bei KKW, sondern beispielsweise auch auf die Basler Chemie oder auf Staumauern geben. Doch es käme niemandem in den Sinn, diese Werke deshalb ausser Betrieb zu nehmen.

Mehr Tote durch Staudammbrüche

Solange das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) den KKW den sicheren Betrieb attestiert, sind sie keine besondere Gefahr. Wir haben andere gefahren – es gab mehr Tote durch Staudammbrüche in der Vergangenheit als durch Kernkraftwerke.

Die Grundidee müsste sein, wenn wir auf Kernenergie verzichten, dann in dem Masse, in dem wir Erneuerbare aufbauen können. Bevor das System angepasst wird, sollten wir nicht eine Produktionsart rauswerfen.»

Protokoll: Viviane Bühr

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