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Kantone: Kampf ums Geld
Aus Arena vom 10.10.2014.
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Schweiz «Arena»: Kampf der Kantone um den Finanzausgleich

Mit dem neuen Finanzausgleich (NFA) bezahlen die reichen Kantone und der Bund, während die ärmeren Kantone profitieren. Den Geberkantonen ist die Umverteilung von fast vier Milliarden Franken zu viel. Gefährdet der Streit unter den Kantonen den nationalen Zusammenhalt?

Der neue Finanzausgleich (NFA) ist ein zentrales Element eidgenössischer Solidarität. Reiche Kantone bezahlen, arme profitieren. Fast vier Milliarden Franken werden so jährlich umverteilt. Aber die Geberkantone finden heute je länger je mehr, sie bezahlten zu viel und der Finanzausgleich belaste ihren Haushalt. In der Folge sollten die ressourcenschwächeren Kantone mehr sparen und effizienter werden. Das ist aber nicht so einfach, denn die Verhältnisse sind unterschiedlich und nicht alle Regionen haben die gleichen Möglichkeiten.

Nationalrätin Petra Gössi (FDP/SZ), als Vertreterin eines Geberkantons, sagt trotz allem Ja zum NFA, «da sind wir sehr solidarisch». Was sich aber jetzt entwickelt habe, sei, «dass der Kanton Schwyz 20 Prozent oder der Kanton Zug 40 Prozent seines gesamten Kantonsbudgets in den nationalen Ausgleich einzahlt und andere Kantone ihr Ausgaben dank dem NFA bezahlen können – das geht einfach zu weit».

Martin Gehrer, CVP-Finanzdirektor des Kantons St. Gallen, eines Nehmerkantons, hat da wenig Mitleid. «Nach sechs Jahren, seit es den NFA gibt, funktioniert er eigentlich gut, aber die Ziele sind noch nicht alle erreicht.» Trotz der Kritik sollen keine grundlegenden Änderungen gemacht werden. Erst wenn eine bessere Datengrundlage mit dem nächsten Wirksamkeits-Bericht NFA vorliege, könnten Anpassungen vorgenommen werden.

Thomas Aeschi, Nationalrat (SVP/ZG) blendet zurück auf das System vor 2008, das überaus komplex war und mit dem niemand zufrieden war. «Aber mit dem neuen Finanzausgleich stehen wir an einer Grenze, wo die Solidarität überstrapaziert wird.»

Nach Ansicht von Nationalrat Cédric Wermuth (SP/AG) geht es den Geberkantonen wie Zug oder Schwyz blendend. «Die können das verkraften. Wo wir mit dem NFA ein Problem haben und was wirklich nicht korrigiert wurde, sind die Disparitäten, also die Unterschiede zwischen den Kantonen, insbesondere bei der Wirtschaftskraft und beim Steuerwettbewerb.»

Was ist faul im System Neuer Finanzausgleich?

Für Aeschi schafft der NFA derzeit falsche Anreize. Heute müsse ein Kanton, was er mehr an Steuereinnahmen verdiene, gleich wieder zu 80 Prozent abgeben. Der Kanton Obwalden als Beispiel erhalte für jeden Franken, den er einnehme, zwei Franken weniger aus dem Ausgleichstopf. «Weil sich die finanzschwachen Kantone am Buffet bedienen können, wird die eigene Situation nicht verbessert.»

Gehrer widerspricht, denn die ressourcenschwachen Kantone hätten an Terrain verloren. Dass Kantone wie z.B. Zug und Schwyz heute mehr in den NFA zahlen müssten, habe nichts mit den Steuereinnahmen zu tun. Messen müsse man die Kantone an ihrer Leistungskraft, an den räumlichen Voraussetzungen, etwa an ihrer regionalen Wirtschaftsstruktur.

Zu behaupten, die Kantone seien allein wegen ihres Kantonsgebiets stark, findet Wermuth absurd. «Zug und Schwyz sind so stark wegen der Nähe zum Kanton Zürich.»

Das Missverhältnis bei den Zahlungen der Geberkantone ist für Gössi der wichtigste Kritikpunkt. Seit 2008 habe die Ressourcenstärke des Kantons Schwyz um 65 Prozent zugenommen. Die Zahlungen seien aber um 420 Prozent gestiegen. «Schwyz muss etwas in den NFA einzahlen, was der Kanton gar nicht erwirtschaftet hat.»

Als Vertreterin «aus dem Armenhaus der Schweiz» wehrt sich Franziska Schöni, GLP-Grossrätin im Kanton Bern. Pro Kopf gerechnet, bewege man sich im Mittelfeld der Kantone, die Geld aus dem NFA-Topf erhalten. Der Kanton Bern sei ein riesiger Kanton, 4000 Kilometer Strassen, Passstrassen, der Jura – und zudem sei der Kanton zweisprachig, was alles etwas koste.

Blaise Kropf, Grossrat der GPS im Kanton Bern ortet das Problem bei wachsenden Unterschieden in der Ressourcenstärke der Kantone. Gesamtschweizerisch sei das sogenannte Ressourcenpotenzial um 300 Franken angestiegen. In den Kantonen Schwyz um 3000 und in Zug gar um 6000 Franken! «Das Problem unseres Landes sind die wachsenden Diskrepanz zwischen finanzstarken und finanzschwachen Kantonen.»

Schwierigkeit Steuerwettbewerb

Wie kann denn die Finanzlage eines schwachen Kantons verbessert werden? Marius Brülhart, Volkswirtschaftler an der Universität Lausanne, nennt als Beispiel Steuersenkungen. Zug sei das Paradebeispiel. Vor allem kleine, gut erschlossene Kantone hätten gute Chancen. Im Steuerwettbewerb sei es aber für die grossen Kantone viel schwieriger, sich zu behaupten.

Hinsichtlich der Verbesserung der Finanzlage gebe es aber keine Kantone, «die auf der faulen Haut liegen», sagt Serge Gaillard, Direktor der Eidg. Finanzverwaltung. Die steuerbaren Einkommen hätten jährlich um zwei Prozent zugenommen. «Wir sind in allen Kantonen reicher geworden.» Mit einem Wachstum von fünf bis sechs Prozent pro Jahr seien vor allem Schwyz und Zug davongeeilt. Aber auch viele ressourcenschwache Kantone seien überdurchschnittlich gewachsen (mehr als zwei Prozent). «Der NFA hat sich sehr bewährt.» hält Gaillard fest.

Das Ziel sei aber, dass das steuerbare Einkommen pro Kopf im schwächsten Kanton mindestens 85 Prozent des nationalen Durchschnitts erreiche. Und dieses Ziel sei mehr als erreicht. Wenn nun aber über das Ziel von 85 Prozent hinausgeschossen werde, fliesse immer mehr Geld in den Finanzausgleich und damit falle die Akzeptanz der Geberkantone weg.

Das bestätigt auch Gössi, denn eine grosse Zahl von Kantonen liege heute zwischen 85 und 100 Prozent beim steuerbaren Einkommen. Alles was darüber hinaus ausgeschüttet werde, «ist ein reines Giesskannenprinzip. Damit verspielt man sich den Goodwill der Geberkantone».

Steuerparadiese näher an Steuerhöllen rücken?

Das Ziel des Finanzausgleichs ist gemäss Gesetz auch, «die Unterschiede (…) in der Steuerbelastung zwischen den Kantonen zu verringern».

Dieser Steuerwettbewerb in der Schweiz läuft für Wermuth verheerend. 16 Kantone planten im nächsten Jahr ein Sparpaket. Der Steuerunterschied in der kleinen Schweiz sei absurd.

Volkswirtschafter Brühlhart bestätigt dies. «Die Schere bei den Steuern ist aufgegangen. Dieses Ziel des NFA ist klar verfehlt worden.» Die Frage stelle sich nun, ob wegen des NFA oder trotz des NFA? «Ich sage, es ist trotz des NFA.» Die Konjunktur laufe gut und es habe eine Ausschüttung aus dem Verkauf von Nationalbankgold (21 Milliarden Franken) gegeben. Viele Kantone hätten dadurch Spielraum für Steuerstrategien erhalten.

Brühlhart stellt fest, dass beim NFA der Steuerwettbewerb eigentlich abgewürgt werde. Denn pro Franken zusätzliche Steuereinnahme müsse ein Geberkanton 20 Rappen, ein Nehmerkanton satte 80 Rappen zurück in den gemeinsamen Topf zahlen. Darum überrasche es, dass es trotz des NFA eine Intensivierung des Steuerwettbewerb gegeben habe. Aber dieser kühle sich nun ab, wie die Steuererhöhung etwa im Kanton Schwyz zeige.

Kantonale Unterschiede sind gegeben

Der Vorschlag von Wermuth, zum Ausgleich der Steuerlasten im ganzen Land gleich hohe Steuern für alle Unternehmen und natürlichen Personen einzuführen, wird vehement abgelehnt. Der Föderalismus könne nur dank dem NFA aufrechterhalten werden, meint etwa Franziska Schöni (GLP/BE).

Auch Thomas Aeschi (SVP/ZG) verteidigt die kantonalen Unterschiede. Was ein Kanton an öffentlichen Leistungen erbringe, sollten die Einwohner des Kantons festlegen und nicht planwirtschaftlich flachgemacht werden. Für den St. Galler Finanzdirektor Martin Gehrer hängt die Steuerbelastung je nach Kanton von seinen Leistungen und der Infrastruktur ab. Und Petra Gössi (FDP/SZ) meint, man könne nicht immer messen, was man vom Kanton an Leistungen erhalte. Es sei darum schwierig, dies dem Bürger klar zu machen, wenn es zu einer Steuererhöhung komme und der Bürger davon nichts merke.

In der «Arena» diskutieren:

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Ressourcenpotenzial

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Das Ressourcenpotenzial ist Grundlage des Ressourcenausgleichs im Finanzausgleich (NFA) zwischen Bund und Kantonen.

Er wird aus den steuerbaren Einkommen, dem Vermögen und den Gewinnen der jeweiligen Kantone berechnet. Das Ressourcenpotenzial widerspiegelt somit das Steuersubstrat bzw. die steuerlich ausschöpfbare Wertschöpfung in einem Kanton.

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