«Jeder Mensch hat das Recht auf Selbstschutz. Wenn das der Staat nun regulieren will: Wie sollen wir ihm vertrauen, wenn er uns nicht vertraut?», fragt Zuschauer Sandro Wächter in der «Arena» und stellt damit die Einstiegs-Frage nach der Sicherheit in der Schweiz.
Für Josef Lang hätte die Frage auf Amerikanisch gestellt werden müssen. «Dieser Gedanke der eigenen Sicherheit reisst leider ein in der Schweiz. Immer mehr Leute kaufen Waffen.» Für den Historiker Lang gibt es in der Schweiz eine Waffentradition aus der Landsgemeinde, wonach der Bürger seine Waffe daheim hat. «Aber in der Schweiz ist es seit eh und je tabu, dass er die Waffe für die persönliche Selbstverteidigung braucht. Er darf sie nur für das Gemeinwesen, den Staat, einsetzen. Und diese Tradition erodiert.»
Chantal Galladé versteht das Bedürfnis nach Sicherheit. «Das Problem ist aber die Aufbewahrung einer Dienstwaffe in den Schweizer Haushalten, denn das bringt Unsicherheit.»
Sicherheit dank eigener Waffe?
Die Terroranschläge in Paris, die Silvester-Übergriffe in Köln oder Morde in der Schweiz: Hätten sich die Opfer mit einer Waffen wehren können?
Christoph Stückelberger verneint. Sich selber mit Waffen schützen zu wollen, sei absolut gefährlich in einer Gesellschaft, welche die Selbstverteidigung hoch hält: «Das führt zu Bürgerwehren, wo jeder versucht, sich selber zu verteidigen. Aber das Gewaltmonopol des Staats ist ein Gut, das hochgehalten werden muss.» Selbstverteidigung mit Waffen könne nicht die Antwort sein auf Gewaltereignisse.
Werner Salzmann sieht nur eine geringe Wirkung bei einer allfälligen Verschärfung der Waffengesetze. «In Paris waren Terroristen am Werk mit Waffen, die nach unserem Waffengesetz verboten sind.» Die aktuelle sicherheitspolitische Lage in Europa beschäftige auch die Schweiz. «Wir haben offene Grenzen, die Menschen haben Angst und beschaffen sich eine Waffe zur Abschreckung und für ein persönliches Sicherheitsgefühl.» Zudem «braucht jeder, der heute eine Waffe kauft, einen Waffenerwerbschein», sagt Jakob Büchler und müsse damit eine hohe Hürde überwinden.
Neben dem Sicherheitsargument weisst Stückelberger noch auf einen weiteren Aspekt hin: «Mit Waffen zuhause ist die Bedrohung oder Einschüchterung in der häuslichen Gewalt das grosse Problem, auch wenn kein Schuss fällt. Diese Angst wirkt.»
Galladé unterstützt das Argument. In der Zeit als die Initiative «Schutz vor Waffengewalt» vor der Abstimmung stand, habe sie hunderte von Zuschriften von Frauen erhalten, die von Bedrohungssituationen berichtet hätten. Nur sei diese Initiative 2011 mit 56,5 Prozent Nein-Stimmen abgelehnt worden, interveniert Büchler. «Das Gewehr bleibt beim Soldaten daheim. Das hat auch mit Vertrauen zu tun, und das hat das Volk gutgeheissen.»
Verschärftes Waffenrecht in der EU
Salzmann regt sich mächtig auf wegen dem Schengen-Abkommen. Vor der Abstimmung über einen Beitritt der Schweiz habe der Bundesrat damals bestätigt, dass Schützen oder die Ordonnanzwaffe davon nicht betroffen seien. «Ein paar Jahre später muss nun die Schweiz den Waffenerwerbsschein einführen und die Armee-Taschenmunition einsammeln.» Das Problem beim Schengen-Abkommen sei, dass die Schweiz der automatischen Rechtsübernahme folgen müsse und dabei kein Mitspracherecht habe.
Die Diskussion nun am Thema «EU gegen Schweiz» aufzuhängen, findet Lang falsch. Die EU reagiere damit auf die Terror-Ereignisse in Mitglieds-Ländern. Und die Schweiz gehört zum Schengen-Raum.
Das Argument Terror sticht für Fabian Ochsner am Expertentisch nicht. Im Terrorismus gelte: «Man findet immer einen Weg». Es gebe ganz andere Mittel, die Terroristen einsetzen könnten. «Da wären Gewehre das kleinere Übel. Mit Massenvernichtungswaffen hätten wir ein viel grösseres Problem.»
Das Ziel der geplanten EU-Regelung sei mehr Sicherheit, weniger Waffenmissbrauch, weniger häusliche Gewalt und mehr Stabilität in Europa, fasst Stückelberger zusammen. Aber welche Mittel könnten zu diesem Ziel führen? Es gehe um Massnahmen für weniger Waffen und schärfere Regeln beim Erwerb. «Die Schweizer Armeewaffe bildet dabei nicht den wichtigsten Punkt bei der EU.»