Nach dem Ja zur Masseneinwanderungsinitiative der SVP polarisiert die nächste Zuwanderungsinitiative das Schweizer Volk. Die sogenannte Ecopop-Initiative will die Zuwanderung auf durchschnittlich 0,2 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung pro Jahr beschränken. Dies entspricht rund 16‘000 Personen pro Jahr. Zudem verlangt die Initiative, dass 10% der staatlichen (DEZA)-Hilfsgelder zur Förderung der freiwilligen Familienplanung eingesetzt werden müssen.
Vom Volkswillen bis zum Kondom
Die Diskussion in der «Arena» entbrannte entlang von drei thematischen Zugängen. Zum einen war der Zusammenhang zwischen der Initiative und der Volksinitiative gegen die Masseneinwanderung von Anfang Februar ein Thema. In einer Erweiterung gelangten die Disputanten zu den ökonomischen und ökologischen Implikationen des Begehrens. Und schliesslich thematisierte die Diskussionsrunde die Zielsetzungen und Mittelbestimmungen für die Umsetzung jenes Teils der Initiative, die sich der in- und externen Familienplanung annimmt.
Befürworter auf zwei Gleisen
Für Andreas Thommen ist das Anliegen eine Frage der ökologischen Vernunft. Der Geschäftsführer Ecopop und ehemalige Co-Präsident der Aargauer Grünen beschwört eine Welt in naher Zukunft, die in einer Spirale von Wachstum und Bevölkerungszunahme unweigerlich zwischen Stuhl und Bank fallen wird.
Für seinen Mitstreiter, den parteilosen Schaffhauser Ständerat Thomas Minder, ist das nur eine Seite der Medaille. Für ihn dient die Initiative auch eindeutig der Durchsetzung des Volkswillens. Mit der Masseneinwanderungs-Initiative habe das Stimmvolk deutlich gemacht, dass es für eine Halbierung der Zuwanderungszahlen sei. «Aber ich traue der Umsetzung der Initiative nicht. 75 Prozent des Parlaments sind Verlierer», sagt Minder. Mit Ecopop werde sichergestellt, dass diese Verlierer den Volkswillen korrekt umsetzen.
Alle wollen Steuerzahler, alle wollen Arbeitskräfte, aber niemand will die Menschen.
Für den Zürcher Grüne-Nationalrat Bastien Girod sind die Absichten der Initianten nicht gänzlich unlauter. Die Kritik am permanenten Wachstum und der Ungleichverteilung der Güter teilt er. Allerdings seien die Initianten, so Girod, bei der Realisierung dieser Absichten vollständig auf dem Holzweg.
Ein Grund für die Zuwanderung liegt in der Wirtschaft, argumentiert Girod. 40 Prozent aller Zuwanderer seien auf aktive Einladung der Wirtschaft ins Land gekommen. Auf der einen Seite würde Standort-Dumping betrieben, auf der anderen wolle man nun die Folgen bei den Schwächsten auffangen. «Alle wollen Steuerzahler, alle wollen Arbeitskräfte», sagt Girod, «aber niemand will die Menschen.»
Die Ansicht, wonach das System gerade diese Menschen dringend braucht, vertritt CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (BL). Die Initianten müssten klar sehen, dass die Annahme der Ecopop-Initiative unweigerlich zur Kündigung der Personenfreizügigkeit führen würde und dies mit grosser Wahrscheinlichkeit zur Auflösung der Bilateralen 1. «Der Schaden für die Wirtschaft wäre immens.»
Alternativen bieten statt Kondome
Das Anliegen der Ecopop-Initianten umfasst nicht nur einen quantitativen Passus. Mit dem Ableiten von Entwicklungshilfe-Geldern soll an der Familienplanung angesetzt werden und die Bevölkerungs-Zuwachsraten in der dritten Welt reduziert werden. «Man kann noch so lange Klassenzimmer und Brunnen bauen – wir kommen einfach nicht nach, wenn sich die Bevölkerung alle 20 Jahre verdoppelt», argumentiert Thommen. Aufklärung und Verhütung, dafür müsse tiefer in die Tasche gegriffen werden.
Auch hier sind sich der Grüne und der Ex-Grüne nicht wirklich Spinne Feind. Zwar begrüsst Girod den Ansatz, direkt in den armutsbetroffenen Ländern zu intervenieren. Aber eine die Zuwanderung nachhaltig beeinflussende Entwicklungszusammenarbeit müsse mehr sein als Aufklärung und Kondome verteilen, sagt Girod. «Wir müssen diesen Menschen eine Alternative und damit Bildung bieten.» Erst dann würde es für sie Sinn machen, ihre Familiengrösse zu überdenken.
«Wir sind mit dem Radel da»
Im Grunde einig waren sich die Kontrahenten – zumindest in dieser Gesprächskonstellation – bezüglich der ökologischen Notwendigkeiten, die hinter dem Anliegen stehen. Der ökologische Fussabdruck in unseren Gefilden ist zu gross. Je mehr Menschen hier leben, umso frappanter wirkt sich das aus.
Zur Reduktion ihrer eigenen ökologischen Fussabdrücke haben die Arena-Gäste keine Mühen gescheut. Alle fahren viel Rad und Eisenbahn, rapportieren sie dem «Arena»-Moderator Urs Wiedmer auf seine abschliessende Frage. Und Initiant Andreas Thommen versucht ökologisch zu wohnen und «...wir heizen im Winter mit Holz, wenn es geht.»