Die Stimmung im Januar 1961 war angespannt. Sogar an einer Sitzung des UNO-Sicherheitsrats ging es stürmisch zu und her, als sich Vertreter der USA und Kubas gegenseitig mit Vorwürfen eindeckten. Schliesslich brachen die beiden Länder die diplomatischen Beziehungen zueinander ab.
Die Schweiz springt ein
In dieser Situation kam die Schweiz ins Spiel: Die USA ersuchten Bern nämlich, ein sogennantes Schutzmachtmandat zu übernehmen. Der Schweizer Botschafter in Havanna sollte also gleichzeitig auch die diplomatischen Interessen der USA vertreten.
Der Bundesrat sagte zu: Die Übernahme des Schutzmachtmandats in Kuba sei eine sinnvolle Form des aussenpolitischen Engagements, erklärte Bundesrat Friedrich Traugott Wahlen kurze Zeit später in einer Rede. Das Mandat gehöre zu jenen Aufgaben, die der Schweiz aufgrund des Neutralitätsstatuts angetragen worden seien. «Trotz ihrer Schwierigkeit» habe die Schweiz die Aufgabe übernommen, denn diese erwachse aus dem Grundsatz der Solidarität.
Dramatik pur im Oktober 1962
Dramatische Tage erlebte die Welt dann im Oktober 1962, während der Kubakrise. Der Streit um die Stationierung sowjetischer Atomraketen auf der Karibikinsel drohte in einen Krieg zu münden. Schliesslich gelang es den Weltmächten doch noch, das Schlimmste abzuwenden.
Und dabei spielte auch die Schweiz eine kleine Rolle: «Das Weisse Haus hat die Schweizer Botschaft genutzt, um telefonisch Botschaften an Kuba zu übermitteln», erinnerte sich der seinerzeitige Schweizer Botschafter in Washington, August Lindt, an die damalige Krisensituation. Dies um zu verhindern, dass auf Kuba plötzlich eine Panik ausbricht, die dann den Abschuss von Atomraketen hätte auslösen können.
In dieser Situation habe die neutrale Schweiz eine zwar bescheidene Rolle gespielt, bilanzierte Botschafter Lindt später. Aber sie habe dennoch eine gewisse Bedeutung gehabt. Eine eigentliche Vermittler-Rolle übte die Schweiz aber nicht aus. Entscheidend bei der Lösung der Kubakrise war schliesslich der Kontakt zwischen der amerikanischen und der sowjetischen Regierung.
Luftbrücke nach Miami
Trotzdem konnte die Schweiz mit ihrem Mandat in Kuba da und dort etwas bewegen, auch später noch. Dabei spielte Emil Stadelhofer, der Schweizer Botschafter in Havanna, eine Schlüsselrolle. Stadelhofer wollte Anfang der 1970er-Jahre den kubanischen Flüchtlingen helfen, die in grosser Zahl die Insel in Booten verliessen und dabei ihr Leben aufs Spiel setzten.
Der Schweizer Botschafter nutzte seine guten Kontakte zum kubanischen Regime, um eine Lösung für dieses humanitäre Problem zu finden. Schliesslich half er beim Aushandeln eines Abkommens für eine offizielle Luftbrücke zwischen Varadero und Miami mit, wie der Experte Christian Nünlist vom ETH-Center für Sicherheitsstudien erklärt. «In der Folge gab es vorerst keine ertrinkenden Bootsflüchtlinge mehr.» Bis 1973 seien insgesamt mehr als 260'000 Kubaner über diese Luftbrücke in die USA ausgeflogen worden.
Ab 1977 nahm die Bedeutung des Schweizer Schutzmachtmandats dann allmählich ab. Denn ab da konnten wieder amerikanische Diplomaten in Kuba arbeiten, wenn auch immer noch unter dem Schirm der Schweizer Botschaft. Nun geht diese Ära mit der Wiedereröffnung der amerikanischen Botschaft in Havanna definitiv zu Ende.