Biobauer Nils Müller tötet seine Rinder mit einem gezielten Kopfschuss auf der Weide. Auf diese Art sollen die Tiere weniger leiden. Bislang war die sogenannte Weideschlachtung in der Schweiz verboten, doch nun hat das Veterinäramt des Kantons Zürich eine Bewilligung für zehn Schlachtungen erteilt.
Müller ist überzeugt, dass es keine bessere Schlachtmethode gibt. «Man sieht und spürt, dass die Tiere keinerlei Stress ausgesetzt sind. Sie bleiben in der gewohnten Umgebung und haben ihre Herde zum Zeitpunkt der Betäubung um sich», sagt er nach den ersten drei Weideschlachtungen.
Als früheren Vegetarier habe es ihn immer gestört, dass der letzte Tag im Leben der Tiere «ungelöst» sei. «Wenn ich konsequent bin und den letzten Tag in meinen Händen behalten will, ist für mich klar, dass ich den Schuss selber ansetze», sagt Müller gegenüber «Schweiz aktuell».
Jägerausbildung gemacht
Auf seinem Bauernhof in Forch (ZH) haben Müller und seine Frau für das neue Verfahren eine kleine, separate Koppel mit einem angrenzenden Hochsitz eingerichtet. Von dort aus nimmt der Landwirt das Tier, das geschlachtet werden soll, ins Visier und erschiesst es mit einer Kleinkaliberwaffe. Müller hat dafür extra eine Jägerausbildung absolviert.
Das Projektil bleibt im Kopf des Rindes stecken, sodass andere Tiere nicht gefährdet werden, wie Eric Meili vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL), erklärte. Die anderen Tiere reagieren kaum auf den Schuss. Sie bleiben ruhig und werden anschliessend aus der Koppel auf die Weide getrieben.
Nach der Betäubung wird das Rind mit einem Frontlader angehoben und in einer mobilen Schlachtbox ausgeblutet. Anschliessend wird das Tier in einem Schlachtlokal zerlegt.
Stress vermeiden und bessere Fleischqualität
Diese Methode erspart den Tieren den Transport, das Eingesperrtsein auf dem Schlachthof sowie den Kontakt zu fremden Artgenossen und Menschen. Diese Stressfaktoren zu vermeiden, ist nicht nur eine Frage des Tierwohls, sondern hat auch Auswirkungen auf die Fleischqualität.
Das Verfahren sei eine gute Möglichkeit für direkt vermarktende Produzenten, sagte Meili. Beispielsweise für Landwirte wie Nils Müller, der selbst jahrelang Vegetarier war. Erst nach einem Praktikum in einem Sterne-Restaurant lernte er Fleisch von hoher Qualität wieder schätzen.
Nicht im grossen Stil praktikabel
Markus Ritter vom Schweizerischen Bauernverband ist skeptisch, was die Praktikabilität der Weideschlachtung betrifft. «Das ist eine Massnahme, die auf Einzelfälle beschränkt sein wird», sagt Ritter. «Der Aufwand ist gross und auch die entsprechende Infrastruktur, die da zur Verfügung stehen muss, ist erheblich.»
Denn mit dem Schlachten alleine sei es nicht getan. «Das Tier muss dann auch noch zerteilt werden, das ist ein sehr aufwendiger Prozess.» Zudem entstehen Schlachtabfälle, die ebenfalls korrekt entsorgt werden müssen. Ritters Fazit: «Die Weideschlachtung wird sich nicht im grossen Stil durchsetzen.»
Ähnlich sieht das der Verband Mutterkuh Schweiz. Das Errichten der notwendigen Infrastrukturen sei für Schweizer Viehhaltungsbetriebe mit durchschnittlich rund 20 Kühen sehr teuer und für die Mehrheit der Betriebe nicht sinnvoll, sagte Geschäftsführer Urs Vogt.