Wer als Flüchtling in die Schweiz kommt, der sucht Schutz – verursacht aber auch Kosten für den Staat. Aus diesem Grund sieht das Asylgesetz in der Schweiz vor, dass die Flüchtlinge sich an diesen Kosten beteiligen sollen. Konkret heisst das: Wer hier ankommt und Vermögenswerte, also Bargeld, Wertgegenstände oder Bankkontos mit Geld darauf hat, muss dies der Polizei, der Grenzwacht oder im Empfangszentrum angeben.
Im Merkblatt, das die Asylsuchenden bei ihrer Ankunft erhalten, steht: «Sind Sie bei Ihrer Ankunft im Empfangszentrum (EVZ) im Besitz von Vermögenswerten von umgerechnet über CHF 1'000, so sind Sie verpflichtet, diese finanziellen Mittel gegen Erhalt einer Quittung abzugeben.»
Flüchtlingshilfe spricht von «unwürdiger» Praxis
Für die Flüchtlinge ist das erstaunlich. Dem syrischen Familienvater A. wurde so bei einer Polizeikontrolle sein letztes Geld abgenommen. Seine Frau und er verkauften in Syrien ihr Haus, um mit den kleinen Kindern nach Europa zu kommen. Mit dem Geld finanzierten sie ihre Flucht, ein Grossteil des Bargeldes ging an Schlepper.
Bei der Ankunft in der Schweiz hatte A. noch gut 2000 Franken dabei – sein ganzes Vermögen. Doch die Hälfte davon nahmen ihm die Behörden ab. «Ich durfte 1000 Franken behalten, musste aber den Rest des Geldes abgeben und bekam eine Quittung dafür», erzählt er «10vor10».
«Das ist unwürdig», kritisiert Stefan Frey von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe. Dass man den Flüchtlingen das Geld wegnimmt komme ihm vor wie «staatliches Raubrittertum». Er fordert: «Das muss sich ändern». Man könne ja die Vermögen registrieren und bei Bedarf einziehen, schlägt Frey vor.
Insgesamt haben die Behörden im letzten Jahr allerdings nur gerade bei 112 Personen Vermögen eingezogen. Der Gesamtbetrag beläuft sich dabei auf 210'000 Franken.
Abgaben bis zu 15'000 Franken
Doch bleibt es für die Flüchtlinge nicht nur bei der Abgabe von Bargeld oder Wertsachen bei ihrer Ankunft. Denn: Sobald sie einen anderen Status haben und arbeiten können, müssen sie weiterhin zahlen.
Ihnen wird jeweils bis zu 10 Prozent ihres Lohnes als sogenannte Sonderabgabe abgezogen. Dies während maximal zehn Jahren. Diese Abgabe müssen sie leisten, bis sie die Gesamtkosten von 15‘000 Franken zurückbezahlt haben.
Beim Staatsekretariat für Migration (SEM) rechtfertigt man diese Praxis. Das Asylgesetz sehe vor, dass Asylsuchende oder Flüchtlinge dazu beitragen, die Verfahrens- und Vollzugskosten und auch allfällig erhaltene die Sozialhilfegelder zu decken, heisst es auf Anfrage.
«Wenn jemand freiwillig innerhalb von sieben Monaten ausreist, kann diese Person das eingezogene Geld wieder haben und mitnehmen. Ansonsten nützt das Geld zur Deckung der Kosten, die sie hier verursacht», präzisiert Léa Wertheimer vom SEM.