Wer mit ihnen spricht, trifft auf Menschen, beseelt von einer gemeinsamen Idee: Einem rauchfreien Leben, das nicht ohne Genuss auskommen muss. Mit missionarischem Eifer predigen sie die Verheissungen der elektrischen Zigarette. Denn hier löst sich, so die These militanter Dampfer, ein todbringendes Laster in harmloses Vergnügen auf.
Die Wissenschaft ist sich uneins, ob die Missionare des 21. Jahrhunderts Recht haben. These steht hier Gegenthese gegenüber; die einen sehen in der E-Zigarette ein taugliches Mittel zur Rauchentwöhnung. Andere beharren darauf, dass bei der Verdampfung der nikotinhaltigen Kapseln – sogenannter Liquids – krebserregende Stoffe entstehen. Einig ist man sich, dass Dampfen weniger gesundheitsschädlich als herkömmliches Rauchen ist.
Kuriose Gesetzgebung
Der Gesetzgeber ist dem Lager der Skeptiker zuzurechnen. Zurzeit ist der Konsum nikotinhaltiger Liquids zwar erlaubt, sie müssen jedoch aus dem Ausland importiert werden. Die kuriose Regelung ist nicht nur der offenen Forschungsdiskussion geschuldet, sondern auch dem Präventionsgedanken: Gesundheitsorganisationen befürchten eine Trendwende vom Nichtrauchen als neuer gesellschaftlicher Norm hin zu vermeintlich unbedenklichem Nikotinkonsum.
Zudem sieht etwa die Eidgenössische Kommission für Tabakprävention in der E-Zigarette einen «Rettungsring» für die Tabakindustrie. Denn sie hat Lunte gerochen: Mit immer ausgeklügelteren Modellen drängt sie auf den Markt. Die überhitzten Plastikstäbchen der ersten Generation sind Vergangenheit; heute steckt beachtliche Ingenieurskunst hinter den Dampf-Apparaten.
Die mittlerweile 80‘000 Schweizer, die regelmässig dampfen, sind für die Tabakmultis zur Ersatzkundschaft geworden. Denn die Fraktion herkömmlicher Raucher ist in den Industrieländern auf dem Rückzug; Aufklärung, Werbeverbote und Prävention führten zu einem nachhaltigen gesellschaftlichen Mentalitätswandel.
Gleichstellung mit Rauchern
Nun will sich der Bundesrat den neuen Realitäten beim Tabakkonsum anpassen, wie Gesundheitsminister Alain Berset vor den Medien in Bern bekannt gab. Tabakprodukte sollen aus dem Lebensmittelgesetz ausgegliedert werden und in einem gesonderten Gesetz geregelt werden. Die Wirtschaft stösst sich an den geplanten Einschränkungen bei der Tabakwerbung.
Für Dampfer interessanter: Für nikotinhaltige E-Zigaretten sollen künftig dieselben Bestimmungen wie für herkömmliche Zigaretten gelten. Heisst: Konsum und Handel sind erlaubt. «In der Vernehmlassung war man sich diesbezüglich einig», so Bundesrat Berset. Damit schwenkt die Regierung auf die Linie der EU ein, die ihre Tabakrichtlinien bereits 2014 entsprechend angepasst hat.
Draussen vor der Tür
Der Bundesrat will es den Konsumenten damit erlauben, «Produkte zu erwerben, die deutlich weniger schädlich sind als herkömmliche Zigaretten», wie das Bundesamt für Gesundheit festhält. Im Gegenzug sollen die verschärften Werbeverbote auch für E-Zigaretten gelten. Durch ein Abgabeverbot an Minderjährige soll erreicht werden, dass Jugendliche von der «Einstiegsdroge» in die Nikotinsucht ferngehalten werden.
Die neue Herrlichkeit für Dampfer kennt allerdings Grenzen: Die Gleichstellung mit Rauchern wird konsequent durchgezogen: «Passivdampfen» wird auf die gleiche Ebene gestellt wie Passivrauchen – ob mit oder ohne Nikotin, es wird an der frischen Luft oder zuhause am Elektrostengel gezogen. Zumal die gesundheitlichen Auswirkungen der E-Zigaretten, wie Bundesrat Berset schloss, noch nicht abschliessend geklärt seien.