700‘000 Euro hatte Lutz Scheider auf einem Konto der Credit Suisse deponiert – ohne sein Finanzamt über die Erträge zu informieren. Das bereut er nun bitter. Denn im vergangenen Frühjahr standen morgens um acht Uhr sechs Steuerfahnder vor seiner Tür. «Ich war noch nicht angezogen», sagt Scheider gegenüber der «Rundschau». Die Fahnder haben vier Stunden lang das Haus auf den Kopf gestellt. Sie suchten in Blumenvasen, im Schlafzimmerschrank und im Weinkeller nach verräterischen Bankbelegen. Sogar Scheiders Handy mit gespeicherten Telefonnummern aus der Schweiz haben die Fahnder beschlagnahmt.
Rechtswidrige Hausdurchsuchung?
Scheider hat angekündigt, seine Strafe zu bezahlen. Damit lässt er es aber nicht bewenden. Er holte sich einen Anwalt und klagt nun vor dem Verfassungsgericht von Rheinland-Pfalz, jenem Bundesland, in dem er wohnt. Rheinland-Pfalz hatte letztes Jahr für 4,4 Millionen Euro eine Steuer-CD mit gestohlenen Bankdaten aus der Schweiz gekauft. «Wir hatten nie Zweifel, dies zu tun», sagt Finanzminister Carsten Kühn im Rundschau-Interview. Kühn erwartet dank der Daten-CD Steuer-Mehreinnahmen von einer halben Milliarde Euro.
«Das ist Wirtschaftsspionage gegen die Schweiz», empört sich Scheiders Anwalt Gilbert Haufs-Brusberg. Der Staat mache sich dadurch zum Hehler. «Die Hausdurchsuchung bei meinem Mandanten war rechtswidrig.» Es brauche zusätzliche Beweise, um in das Haus eines Verdächtigen einzudringen. Der Name auf einer Daten-CD genüge nicht.
Urteil mit Signalwirkung
Das höchste deutsche Verfassungsgericht sieht das anders. Schon vor drei Jahren hat es entscheiden, dass Daten aus einer Steuer-CD für die Verfolgung von Steuerflüchtlingen genutzt werden dürfen. Das Urteil liess jedoch viele Fragen offen, insbesondere, ob die Beschaffung gestohlener Daten rechtmässig sei. Deutsche Juristen sind sich uneinig, ob ein systematischer Ankauf von Daten-CDs mit dem Gesetz überhaupt vereinbar ist. Mittlerweile hat Deutschland bereits neun Steuer-CDs gekauft.
Für die juristische Beurteilung von Steuer-CDs wird der aktuelle Fall aus Trier also Signalwirkung haben. Ein Urteil vom Verfassungsgericht in Koblenz wird für Ende Monat erwartet.