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Schweiz «Die Lehrerin ist eine Autoritätsperson, kein Sexobjekt»

An einer Baselbieter Schule weigern sich zwei Schüler, ihrer Lehrerin die Hand zu schütteln. Sie begründen dies mit dem Islam. Einem fundamentalen Islam, wie Politologin Elham Manea festhält. Dies gefährde den Zusammenhalt.

Elham Manea

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Porträt Elham M. Manea

Elham Manea ist eine jemenitisch-schweizerische Politologin und Autorin. Sie ist Muslimin und arbeitet als Politologin an den Universitäten Zürich und Bern. Zwischen 1997 und 2005 war sie für Schweizer Radio International und Swissinfo tätig.

Wie soll eine Schule reagieren, wenn muslimische Schüler sich aus religiösen Gründen weigern, der Lehrerin die Hand zu geben? Diese Frage wird derzeit heiss diskutiert. Der Auslöser: ein Bericht der «Schweiz am Sonntag» über die Sekundarschule in Therwil im Kanton Baselland. Die Schule hatte mit zwei muslimischen Schülern eine Vereinbarung getroffen, wonach diese der Lehrerin die Hand nicht mehr geben müssen.

Das gehe klar zu weit, findet die Politologin Elham Manea: «Die Tatsache, dass diese Schüler den Händedruck verweigern, ist ein Symptom einer fundamentalistischen Auslegung des Islams.» Dabei sei es in vielen arabischen und islamischen Ländern üblich, dass sich beide Geschlechter die Hände schütteln. «Zum Beispiel im Jemen: Das ist ein sehr konservatives Land. Als ich dort gearbeitet habe, habe ich meinen Kollegen immer die Hand gegeben. Nur Islamisten verweigern dies.»

SRF News: Was sind die Motive der Islamisten, den Handschlag zu verweigern?

Es ist ein Ausdruck der fundamentalistischen Auslegung des Islams, welche die Frau als sexuelles Objekt bezeichnet, das die Männer dauernd erregt. Deshalb muss man der Frau den Händedruck verweigern. Es ist meiner Meinung nach eine Sexualisierung der Frau. Dabei ist die Lehrerin eine Autoritätsperson, kein Sexobjekt.

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Es gibt aber Muslime, die sagen, es sei ein Zeichen von Respekt, wenn man der Frau die Hand nicht gebe.

Das sehe ich nicht so. In vielen arabischen Ländern ist eine Reislamisierung im Gang, unter der viele Frauen leiden. Diese fundamentalistische Strömung des Islams führt dazu, dass sich Frauen verhüllen und Männern aus dem Weg gehen müssen. Es geht eigentlich darum, dass sie ein sexuelles Objekt ist. Sie erregt die Männer und man muss die Männer vor ihnen schützen. Damit sagt man uns auch, dass die Männer ihre sexuelle Erregung nicht unter Kontrolle haben. Dabei haben beide Geschlechter sich immer einfach die Hand geschüttelt, egal ob im Iran, in Ägypten, in Syrien, im Jemen oder im Libanon. Es geht um eine Weltanschauung, welche die Frau als Sexobjekt betrachtet.

Wenn Schüler sich – wie in Therwil – weigern, der Lehrerin die Hand zu schütteln, ist das immer ein Zeichen von Radikalisierung?

Das ist ein Zeichen, dass eine fundamentalistische Interpretation des Islams im Spiel ist. Denn es geht darum, wie man mit der Frau umgeht. Es beginnt mit dem Handschütteln. Als nächstes heisst es, man wolle nicht malen, keine Musik hören, getrennte Gebetsräume – dabei ist es wichtig, immer daran zu erinnern, wie dieses Muster sich in anderen Ländern angezeichnet hat. Zum Beispiel in Grossbritannien. Vor 30, 35 Jahren haben die Behörden genau so reagiert wie die Schulleitungen in verschiedenen Schulen hier in der Schweiz. Sie wollten keinen Ärger, also haben sie Ausnahmen gemacht. Heute ist es so: Wenn ein Erziehungsdirektor versucht, zu kritisieren, dass Schülerinnen oder Lehrerinnen eine Burka tragen, wird dieser als islamophob bezeichnet. Wenn wir jedes Mal mit einer Sonderbehandlung nachgeben, stellen wir langfristig den gesellschaftlichen Zusammenhalt im Land in Frage.

Das Gespräch führte Roger Aebli.

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