Das Wichtigste in Kürze
- Der Bund offeriert Tunesien 40 Fingerabdruck-Lesegeräte im Wert von 245‘000 Franken.
- Schweizer Experten trainieren die tunesischen Behörden vor Ort.
- Damit soll die Identifikation von abgewiesenen tunesischen Asylbewerbern beschleunigt werden.
- Es sei fraglich, ob Menschenrechte und Datenschutz gewährleistet seien, kritisiert die Flüchtlingshilfe.
Eigentlich ist es kein Problem, einen abgewiesenen tunesischen Asylbewerber zurückschicken. Die Schweiz hat mit Tunesien im Rahmen der Migrationspartnerschaft ein Rückübernahmeabkommen. Doch die Identifizierung einer Person dauert oft mehrere Monate. Um dies zu beschleunigen, unterstützt die Schweiz die neue digitale Fingerabdruck-Datenbank von Tunesien mit Lesegeräten im Wert einer Viertelmillion Franken und Expertenhilfe, wie das Staatssekretariat für Migration (SEM) auf Anfrage von Radio SRF schreibt.
Tunesien fichiert seit langem die Fingerabdrücke jener Bürgerinnen und Bürger, welche einen Pass oder eine ID beantragen. Dieses Register und neue Fingerabdrücke werden künftig digital gespeichert sein. Gut für die Schweiz, welche eingereiste Tunesier schneller identifizieren und zurückschicken kann. Damit wird auch möglichen Dschihadisten der Aufenthalt in der Schweiz erschwert.
Biometrische Daten werden zukünftig auch für Ersatzreisepapiere immer eine wichtigere Rolle spielen.
Werden Menschenrechte missachtet?
Jedoch gibt es Bedenken bezüglich Datenschutz: Die Schweizerische Flüchtlingshilfe betrachtet die Zusammenarbeit kritisch. «Das sind sehr persönliche Daten», betont Sprecher Stefan Frey. «Im Fall von Tunesien ist fraglich, ob die Menschenrechte und der Datenschutz bei einer flächendeckenden Abnahme und Speicherung biometrischer Daten der Bevölkerung gewährleistet sind.»
Fingerabdrücke und ähnliche biometrische Daten werden bei der Rückführung abgewiesener Asylbewerber immer wichtiger. Bereits fünf Herkunftsländer verlangen für die Identifizierung von der Schweiz laut SEM biometrische Daten der abgewiesenen Migranten. Das Staatssekretariat schreibt dazu: «Dementsprechend werden biometrische Daten zukünftig auch für Ersatzreisepapiere immer eine wichtigere Rolle spielen.»
Die Biometrie ist kein Patentrezept zur Lösung politischer Probleme.
Fingerabdrücke sind nicht fälschungssicher
Kann aber eine Fingerabdruckdatenbank die Rückkehr von Migranten beschleunigen? Der Migrationsforscher Simon Sontowski von der Universität Zürich warnt vor übertriebenen Hoffnungen. «Viele Rückübernahmeabkommen werden nur zu einem kleinen Teil umgesetzt. Oft bremsen administrative Fragen oder politischer Unwille.» Auch seien Fingerabdrücke manchmal fehlerhaft und nicht fälschungssicher.
Sontowski kommt zum Schluss: «Die Biometrie ist kein Patentrezept zur Lösung politischer Probleme.» Trotzdem setzt neben der Schweiz auch die EU grosse Hoffnungen in biometrische Datenbanken, um die irreguläre Migration in Zukunft besser kontrollieren zu können.