- Auswirkungen im Falle eines Austritts:
Verlässt Grossbritannien die EU, dann gibt es unzählige Probleme, die viel Zeit brauchen, bis sie gelöst sind. Viele Investoren werden dann tun, was sie in unsicheren Zeiten immer gerne tun: Sie suchen einen sicheren Hafen für ihr Geld und wechseln vermehrt in den Franken. Deshalb wird der Franken voraussichtlich weiter aufwerten – zum einen gegenüber dem britischen Pfund, zum anderen aber auch gegenüber dem Euro.
Diese Bewegung zeichnet sich bereits seit Anfang Juni ab, seit Umfragen ein knappes Abstimmungsergebnis voraussagen. Für die Schweizer Wirtschaft bedeutet eine erneute Aufwertung des Frankens eine grosse Belastung. Mit einem Kurs von 1,10 gegenüber dem Euro, wie wir ihn die letzten Monate gesehen haben, ist der Franken zwar immer noch überbewertet. Aber die Export-Industrie kann mittlerweile damit leben. Viele Unternehmen haben sich reorganisiert und schlanker aufgestellt.
Sollte der Franken aber nun wieder durch die Decke schiessen, wäre die Nationalbank gezwungen, Gegensteuer zu geben und am Devisenmarkt zu intervenieren. Die bisherige Kurspflege in homöopathischen Dosen würde wohl nicht mehr genügen. Wahrscheinlich müsste die Nationalbank mit milliardenschweren Interventionen gegen die Überbewertung des Frankens ankämpfen. Eventuell müsste sie sogar die Zinsen weiter in den negativen Bereich drücken, um so ausländische (und schweizerische) Investoren abzuschrecken, ihr Geld im Franken zu parkieren.
Die Risiken und Nebenwirkungen solcher geldpolitischer Massnahmen würden eine zusätzliche schwere Belastung für die Schweizer Wirtschaft bedeuten. Sparerinnen und Sparer würden geschröpft und zugleich würden Unternehmen verunsichert reagieren und deshalb wohl noch zögerlicher als heute in ihre Zukunft investieren.
- Auswirkungen bei einem Verbleib in der EU:
Wenn Grossbritannien in der EU verbleibt, verschwinden die Risiken und Ungewissheiten, die zurzeit die Finanzmärkte plagen. Investoren hätten dann keinen Grund mehr, zusätzliche Gelder in den Franken zu verschieben, denn andernorts könnten sie höhere Renditen erwirtschaften. Entsprechend wäre kein neuer Franken-Schock zu befürchten.
Die Unternehmen könnten weiterhin mit einen Euro-Franken-Kurs von rund 1,10 kalkulieren. Sie hätten wieder Planungssicherheit und das könnte neue Investitionen befördern.
Zudem wäre die Nationalbank nicht gezwungen, mit milliardenschweren Interventionen gegen die Franken-Stärke anzukämpfen und den ohnehin bereits grossen Devisenberg weiter zu vergrössern. Wechselkurspflege in homöopathischen Dosen sollte genügen, um den Frankenkurs bei 1,10 zu halten.