Die Wochenzeitung WoZ hat einen Vertrag zwischen der ETH Lausanne und Nestlé publik gemacht. Er zeigt, dass die Mitsprache des Nahrungsmittelkonzerns weit geht. Der Vertrag stammt aus dem Jahr 2006 und betrifft die Hirnforschung. Gewisse Nahrungsmittel können die Hirnleistung nämlich möglicherweise positiv beeinflussen.
Das wäre ein grosser Markt für Nestlé, und darum interessiert sich die Firma für diese Forschung. Konkret wirft Nestlé zehn Millionen Franken für zwei Lehrstühle und weitere zwei bis vier Millionen Franken pro Jahr für Forschungsprojekte auf. Eine solche Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Privatunternehmen ist nichts Ungewöhnliches.
ETH-Präsident verteidigt Abkommen
Ungewöhnlich ist aber, dass die ETH Lausanne der Firma Nestlé bei Forschungsinhalten und bei der Besetzung der zwei gesponserten Lehrstühle ein Vetorecht einräumt. Wenn Nestlé eine Person nicht passt, kann sie deren Berufung also verhindern.
Diese Regelung sei nur logisch, findet der Präsident der ETH Lausanne, Patrick Aebischer. Schliesslich wolle man nicht gegen den Sponsor entscheiden.
WBK lädt Universitäten und ETH vor
Für Nationalrat Matthias Aebischer von der SP hingegen ist das Vetorecht ein Unding. Es gefährde die Freiheit der Forschung. Und das will er nicht akzeptieren. Wenn die ETH und die Universitäten nicht realisierten, dass ein Vetorecht der Geldgeber bei solchen von Bundesgeldern finanzierten Institutionen nicht gehe, «dann werde ich eine Regulierung verlangen», sagt Aebischer. «Dann müssen Standards aufgestellt werden, die dieses Vetorecht ausschliessen.»
Das Problem wird nächste Woche auch Thema in der WBK sein, der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrats. «Wir haben die ETH und die Universitäten eingeladen», so Aebischer. Er ist Präsident der WBK. «Sie müssen uns sagen, wie sie das handhaben, denn alle machen es ein bisschen anders. Und wir möchten, dass gewisse Standards eingehalten werden.»
Wasserfallen: «Der Vertrag ist unproblematisch»
Kommissionskollege Christian Wasserfallen von der FDP begrüsst die Diskussion. Mit dem Vetorecht von Nestlé hat er aber kein Problem. «Ich halte diesen Vertrag für absolut unproblematisch. Es ist ja so, dass die Wissenschaft auch mit der Wirtschaft zusammenarbeiten soll.»
Diese Zusammenarbeit dürfe man nicht gefährden, so Wasserfallen. Schliesslich brauchten die Hochschulen das Geld von privaten Firmen. Und die Schweiz brauche nun mal die Industrie.