Im Prozess gegen den mutmasslichen Datendieb Hervé Falciani hat der Vertreter der Bundesanwaltschaft eine unbedingte Haftstrafe gefordert. Falciani werden wirtschaftlicher Nachrichtendienst, unbefugte Datenbeschaffung und Verletzung des Bankgeheimnisses vorgeworfen.
In seinem Plädoyer wurde der Vertreter der Bundesanwaltschaft, Carlo Bulletti, ziemlich deutlich: Falciani als «Whistleblower» zu bezeichnen sei eine Beleidigung solcher Informanten, so Bulletti. Und die Darstellung Falcianis als «weisser Ritter» sei ein Lügengespinst. Der Staatsanwalt sprach von einer «kriminellen Energie», die der Angeklagte an den Tag gelegt habe.
In Kontakt mit Saudi-Arabien
Bulletti zählte vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona die verschiedenen Phasen der kriminellen Aktivitäten von Falciani auf. Er erinnerte an 2006, als Falciani Daten der Bank HSBC beschaffte. HSBC war damals sein Arbeitgeber.
2007 habe der Ex-Informatiker versucht, die Daten zu verkaufen. Zuerst sei er in Kontakt mit Saudi-Arabien gestanden, danach mit libanesischen Banken – um die Daten dann ausländischen Behörden zu geben.
«Wir wissen nicht, ob Hervé Falciani sich für die Daten bezahlen liess», sagte Bulletti – aber das sei nicht wichtig, um eine Verurteilung zu begründen. Der Staatsanwalt hob die Dauer der kriminellen Aktivität und der Wert der verratenen Geheimnisse hervor, welche für die Schweiz eine diplomatische Krise bedeutete.
HSBC-Anwalt: Unschätzbarer Schaden
Ähnlich agrumentierte der Anwalt der von Falciani mutmasslich geschädigten Bank HSBC, Laurent Moreillon. Er warf Falciani eine klar ungerechtfertigte Bereicherungsabsicht vor. Damit der Straftatbestand der unbefugten Datenbeschaffung erfüllt sei, müsse kein Geld bezahlt worden sein, argumentierte er.
Der Anwalt hat heute vor dem Bundesstrafgericht einen unschätzbaren Schaden für die Bank HSBC geltend gemacht. Es sei jedoch unmöglich, diesen Schaden in Zahlen auszudrücken, sagte der Anwalt. Indem er seine Informationen verbreitet habe, habe Falciani grossmehrheitlich ehrliche Kundinnen und Kunden geschädigt.
HSBC verlangt «schwere Strafe» für Falciani
Der ehemalige HSBC-Informatiker Hervé Falciani habe 67 Gigabytes Rohdaten an sich genommen. Das entspreche 2'600'000 Seiten oder dem Inhalt von mehr als 5300 Bundesordnern, sagte Laurent Moreillon.
Moreillon verlangte für den am Prozess nicht anwesenden Falciani eine «schwere» Strafe. Das Bundesstrafgericht müsse Falciani auferlegen, sämtliche Daten zurückzugeben, die er habe verschwinden lassen und kopiert habe.