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Schweiz Fehlendes IS-Verbot in der Kritik

Anders als in Deutschland soll die Terrorgruppe Islamischer Staat IS hierzulande vorerst nicht verboten werden. Das kann der Präsident der Polizeidirektoren nicht nachvollziehen. Auch der Imam aus Wil spricht sich für ein Verbot aus.

Nach den Anschlägen von Al Kaida vom 11. September 2001 reagierte der Bundesrat rasch: Zwei Monate später verbot er per Notgesetz die Terrororganisation in der Schweiz. Später beschloss er, auch die Terrorismusfinanzierung unter Strafe zu stellen.

Am Freitag hat Deutschland bekannt gegeben, die Terrormiliz Islamischer Staat IS zu verbieten. Nun wird ein Verbot auch für die Schweiz gefordert.

«IS ist eine Gefahr für den Schweizer Staat»

«Jetzt ist die Zeit reif für ein Verbot des IS», sagt Lorenzo Vidino, Experte auf dem Gebiet der Dschihadisten und bis vor kurzem für die Forschungsstelle für Sicherheitspolitik der ETH Zürich tätig.

Auch Hans-Jürg Käser, Präsident der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren, sieht in einem Verbot Positives. Es sei ihm wichtig, dass die Diskussion auf die politische Agenda kommt: «Ein Verbot einer solchen Organisation gibt den Strafverfolgungsbehörden deutlich mehr Möglichkeiten als wenn man zum Beispiel nur die Beschaffung von Finanzen verbietet.»

Islam-Zentrum warnt Muslime

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Das albanisch-islamische Zentrum in Lausanne hat junge Muslime dazu aufgerufen, trotz der Anwerbung nicht in den Kampf nach Syrien oder in den Irak zu ziehen. Man solle sich nicht von Gehirnwäschern manipulieren lassen, die in «skrupelloser Art und Weise den Namen Gottes und die islamische Lehre missbrauchten».

«Uns Muslime erschrecken ihre Taten»

Ähnlich sieht es auch Bekim Alimi, Imam in Wil (SG). Er spricht für die Mehrheit der Muslime in der Schweiz, im Namen der beiden grössten islamischen Organisationen und der albanischen Imame in der Schweiz: «Uns Muslime erschrecken ihre Taten und wir halten diese für null und nicht islamisch.»

Verbot in der Sicherheitskommission umstritten

Für ein Verbot ist auch FDP-Nationalrätin Corina Eichenberger, die in der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrates ist: «Die Bedrohungslage in der Schweiz ist sehr ähnlich wie in Deutschland. Deshalb würde ich ein Organisationsverbot befürworten.»

SP-Nationalrätin Evi Allemann sieht ein IS-Verbot in der Schweiz kritischer: «Wir müssen aufpassen, dass wir nicht einfach Symbolpolitik betreiben, sondern den IS-Kämpfern effektiv das Handwerk legen können.» Mit dem Strafrecht sei genügend Handhabe gegeben: «Wir haben heute schon das Verbot, dass man sich an Terrororganisationen nicht beteiligen darf. Zudem ist die Anwerbung von Mitgliedern unter Strafe gestellt.»

In der Schweiz ist ein solcher Schritt im Moment nicht vorgesehen, wie Alexander Rechsteiner vom Justiz- und Polizeidepartement sagt. «Das ist allerdings auch nicht nötig», sagt der Berner Strafrechtsprofessor Martino Mona.

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Unterstützung von Terrorgruppe ist illegal

Auch ohne explizites Verbot ist die Unterstützung von Terrorgruppen oder kriminellen Organisationen strafbar. Dasselbe gelte für Handlungen, die im Namen von Terrorgruppen unternommen würden. Die bestehenden Gesetze verbieten auch die Finanzierung von terroristischen Gewaltverbrechen.

Notrecht derzeit offenbar kein Thema

Deshalb kommt Mona zum Schluss: «Um Dschihadisten oder Unterstützer des Islamischen Staats in der Schweiz verurteilen zu können, braucht es kein spezifisches Verbot des IS.» Voraussetzung sei nur die Bewertung als «terroristische Organisation».

Die Bundes-Polizeibeamten, die gegen IS ermitteln, sehen das anders. Sie würden ein Verbot begrüssen, sagt der Präsident des Verbandes der Bundespolizeibeamten.

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