Die polizeiliche Auswertung der Handydaten von Geri Müllers Chatpartnerin W. liegt der «Rundschau» vor und zeigt einen umfangreichen SMS-Verkehr zwischen der Frau und politischen Gegnern von Nationalrat Geri Müller.
Anwalt Andreas Meili zur «Rundschau»: «Aus Berichten der Kantonspolizei geht relativ klar hervor, dass die Herren Wigdorovits und Bollag Geri Müller politisch schaden und ihn abschiessen wollten». Hintergrund sei die Israel-kritische Haltung Müllers, so Meili.
Der Anwalt bestätigt gegenüber der «Rundschau»: Er prüfe zudem zivilrechtliche Schritte gegen Wigdorovits und Bollag. Es gebe gewichtige Indizien, «dass nicht-öffentliche Gespräche zwischen zwei beteiligten Personen an Journalisten weitergegeben wurden».
Das SMS-Protokoll der politischen Gegner
Die Handyauswertung der Kantonspolizei Bern zeigt: Sacha Wigdorovits stellt am 28. April den Kontakt zu Blick-Chefredaktor René Lüchinger her und sichert der Chatpartnerin Anonymität zu.
«Der Blick würde die Informationen über Sie und von Ihnen NIE irgend jemandem geben, auch keinem anderen Medium. Und selbst beim Blick wüssten höchstens zwei Leute oder nur der Chefredaktor wer sie sind.» Dann vermittelt Wigdorowits den Kontakt zu Josef Bollag, dem Präsidenten der israelitischen Kultusgemeinde Baden.
Bollag warnt die Frau vor Müller
Während der Frühlingssession trifft Geri Müller seine Ex-Chatpartnerin W. im Bundeshaus und fordert sie auf, den belastenden Chat zu löschen. W. rapportiert an Josef Bollag: «Geri Müller macht wieder Jagd auf mein Handy. Ich soll ihm mein Handy nun wirklich abgeben am Montag um 19 Uhr in Bern. Das mache ich niemals.»
Bollag gibt ihr Anfang Mai Tipps, wie sie die Handydaten vor Müllers Zugriff sichern soll. «Entweder Montagmorgen in Tresor oder Lü (Red: Blick-Chef René Lüchinger) abgeben.»
Bollag warnt die junge Frau gar vor Gewalt von Geri Müller: «Keinesfalls ihn nochmals treffen, da Gewalt nicht auszuschliessen ist.»
Ebenfalls bisher unbekannt ist, dass Bollag die Chatpartnerin dazu drängt, bei den Strafverfolgungsbehörden in Biel über Geri Müller auszupacken. Bollag per SMS: «Sie müssen keine Strafanzeige machen, sondern nur zu ihrer Absicherung den Sachverhalt schildern und dann entscheidet die Beamtin, ob es ein Offizialdelikt ist oder ein Antragsdelikt. Capische???»
Wigdorovits fordert Rapport
Am Mittwoch 13. August, vier Tage bevor die Chat-Affäre publik wird, reist die Chatpartnerin am Abend nach Baden. Zwei Polizisten bringen sie von der Haustüre von Geris Ex-Frau weg, befragen sie auf dem Polizeiposten. Sie kontaktiert ihre Vertrauten Wigdorovits und Bollag, bittet nachts um 23 Uhr um Hilfe: «Kein Geld für Hotel.» Bollag schreibt zurück: «Muss noch jemanden finden der ihnen cash bringt fürs Hotel in Baden.»
Um 2 Uhr bricht sie nach eigenen Angaben am Bahnhof zusammen und wird ins Spital gebracht. Um 4 Uhr 20 Uhr verlangt Wigdorovits von ihr einen Ereignisbericht des Polizeieinsatzes: «Lassen Sie sich Zeit mit Ihrem Rapport. Wichtig ist, dass er im Detail stimmt.» Wigdorovits fordert sie um 5 Uhr 36 auf, ihn anzurufen. Und er schreibt der Chatpartnerin schliesslich nur zweieinhalb Stunden später um 8 Uhr 02: «Sitze jetzt mit Patrik Müller zusammen». Der Chefredaktor der «Schweiz am Sonntag» publiziert 3 Tage später den Artikel über die Nacktselfies des Politikers.
Landmann: «Komplott ist Unsinn»
Sacha Wigdorowits Anwalt Valentin Landmann sagt, er schaue einer Klage von Geri Müller mit – Zitat – «bester Ruhe» – entgegen. Sein Mandant habe keine Bilder weitergegeben. Landmann: «Es ist blanker Unsinn, dass es da ein Komplott gegeben haben soll. Das scheint ein relative hilfloser Rundumschlag Geri Müllers zu sein.»
Die frühere Chat-Partnerin von Geri Müller teilt der «Rundschau» mit, sie habe das Vorgehen von Josef Bollag als Druck aufgefasst und teilweise als Belästigung empfunden. Bollag selbst verweist auf eine frühere Stellungnahme – er habe die Frau zu keiner Zeit bedrängt und ihr nur helfen wollen.