Zurzeit stammt jedes zweite Asylgesuch in der Schweiz von einer Eritreerin oder einem Eritreer. Sie reisen via Italien in die Schweiz ein und sie sind offenbar gut informiert: Die meisten von ihnen würden sich in Italien absichtlich nicht registrieren lassen, damit sie die Schweiz nicht zurückschicken könne, sagt Martin Reichlin vom Bundesamt für Migration (BFM). «Diese Probleme haben sich seit Kurzem akzentuiert. Italien kommt seiner Registrierungspflicht in erheblichem Masse nicht mehr nach.»
Erfolgsquote drastisch gesunken
Offenbar liegt Italien wenig daran, die Flüchtlinge zu registrieren. Vor allem aber wollen sich Eritreer und auch Syrer nicht registrieren lassen. So gelingt es der Schweiz immer seltener, Asylsuchende wieder nach Italien abzuschieben. Das zeigen besonders frappant die neusten Zahlen.
Italien kommt seiner Registrierungspflicht in erheblichem Masse nicht mehr nach.
Italien hat im August knapp 400 Rückführungen von Eritreern aus der Schweiz abgelehnt. Bewilligt wurden 35. Das ist eine Erfolgsquote von weniger als 10 Prozent. 2013 betrug sie 78 Prozent: Von 9700 Ersuchen der Schweiz wurden rund 7600 Rückführungen bewilligt. Dieses Jahr dürften es noch die Hälfte sein, obwohl die Zahl der Asylgesuche massiv höher ausfallen wird.
Politiker appellieren an Brüssel
Das BFM verschärft deshalb den Tonfall: «Es ist jetzt offensichtlich, dass eine europäische Lösung zu suchen ist. Das ist unsere Erwartung an Brüssel», sagt Martin Reichlin. Auch in der Politik brodelt es: Die SVP will, dass der Nationalrat übernächste Woche aus aktuellem Anlass über das Dublin-Abkommen und somit über die Rückführungen diskutiert.
Es brodelt auch in anderen Staaten: Deutschlands Innenminister de Maizière hat letzte Woche Italien aufgefordert, Flüchtlinge konsequent zu registrieren. Im Gegenzug sollen die übrigen EU-Staaten Italien die Rettungsaktionen auf dem Mittelmeer abnehmen. Anfang Oktober verhandeln die EU-Innenminister über das Thema. Am Tisch sitzen wird auch Bundesrätin Simonetta Sommaruga.