Erbschaftssteuern, Pauschalbesteuerung, Altlasten von Steuersündern – die offenen Finanzfragen zwischen der Schweiz und Frankreich sind vielfältig. Und dann war es zugleich der erste Besuch eines französischen Ministers in der Schweiz seit Annahme der Masseneinwanderungsinitiative, wie Finanzminister Pierre Moscovici vor den Medien im Bern hervorstrich.
Im Zentrum der Gespräche mit Amtskollegin Eveline Widmer-Schlumpf standen denn auch die Steuerfragen. Bei einem Mittagessen, an dem auch die Bundesräte Johann Schneider-Ammann und Alain Berset teilnahmen, war aber auch die Abstimmung vom 9. Februar ein Thema.
Klare Worte zum Urnengang
Die Mitglieder der Schweizer Regierung hätten ihm versichert, dass sich für die 145'000 Grenzgängerinnen und Grenzgänger vorerst nichts ändere, sagte Moscovici. Dies sei eine wichtige Information.
Das Votum der Schweizer Bevölkerung habe ihn betroffen gemacht, gestand Moscovici: «Es gibt keinen Grund, dies zu verstecken.» Er sei nicht als Richter in die Schweiz gekommen. Klar sei aber, dass die Annahme der Initiative Konsequenzen für die Schweiz habe. Die Beziehungen zwischen der Schweiz und Frankreich seien allerdings nach wie vor gut, sonst wäre er nicht in Bern.
Imperialismus-Vorwurf zurückgewiesen
Zu den diversen Steuerdossiers verabschiedeten Widmer-Schlumpf und Moscovici eine gemeinsame Erklärung. Darin bekräftigen sie unter anderem ihr Engagement für das neue Erbschaftssteuerabkommen, das im Schweizer Parlament zu scheitern droht.
Moscovici betonte, dass es im Falle eines Neins keine Neuverhandlungen geben werde. Der Text des Abkommens sei der Schweiz nicht aufgezwungen worden. Der Vorwurf des französischen Imperialismus treffe nicht zu.
Die Schweiz hatte sich zum einen auf eine Revision des Abkommens eingelassen, weil Frankreich mit der Kündigung der alten Vereinbarung drohte. Zum anderen erhoffte sich Widmer-Schlumpf, dass der Vertrag einen Durchbruch in anderen Differenzen mit Frankreich bringen könnte.
In der Schweiz stiess das neue Erbschaftssteuerabkommen aber von Beginn weg auf heftige Kritik, weil Frankreich damit Immobilien in der Schweiz besteuern könnte, wenn diese an Franzosen vererbt werden. Der Nationalrat lehnte das Abkommen im Dezember ab. Kommenden Dienstag berät der Ständerat über das Abkommen, dessen Kommission die Rückweisung an den Bundesrat beantragt.
Keine Lösung für Vergangenheit
Auch in anderen Steuerdossiers gibt es kaum Fortschritte. So ist keine Lösung für die Legalisierung der französischen Schwarzgelder auf Schweizer Konten in Sicht. An einer Abgeltungssteuer scheint Frankreich weiterhin nicht interessiert zu sein.
Inzwischen hat das Land ein Offenlegungsprogramm für Steuersünder gestartet. Mitte Februar teilten die Behörden mit, über 16'000 Steuersünder hätten sich dank dieses Programms selbst angezeigt. In 80 Prozent der Fälle ging es um nicht deklarierte Konten in der Schweiz. Widmer-Schlumpf und Moscovici betonten, es bestehe ein beidseitiges Interesse an einer Regelung.
Umstrittene Pauschalbesteuerung
Verhärtet sind die Fronten auch bei der Pauschalbesteuerung. Frankreich hatte im Dezember 2012 angekündigt, den Wohnsitz von in der Schweiz Pauschalbesteuerten nicht mehr zu akzeptieren. Hier hofft die Schweiz auf Gerichtsentscheide.
Fortschritte sind bei der Steueramtshilfe zu verzeichnen. Frankreich hatte nicht mehr akzeptiert, dass die Schweiz betroffene Kunden stets informiert, bevor Bankdaten an ausländische Behörden geliefert werden. Widmer-Schlumpf und Moscovici teilten mit, zur Verbesserung des Informationsaustauschs auf Anfrage sei ein Protokoll angepasst worden.
Automatischer Informationsaustausch
Weiteres Thema war der automatische Informationsaustausch. Die bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und Frankreich könnten nach Annahme des neuen internationalen Standards angepasst werden, heisst es in der gemeinsamen Erklärung.
Moscovici stellte fest, dass Frankreich zu einem rascheren Vorgehen bereit wäre, aber den Rhythmus der Schweiz akzeptiere. Weiter geht auch die Lösungssuche bei der Grenzgänger-Besteuerung und den Steuerfragen rund um den binationalen Flughafen Basel-Mülhausen. Widmer-Schlumpf und Moscovici betonten, die Gespräche hätten in konstruktiver Atmosphäre stattgefunden.