In der Schweiz versuchen immer mehr Menschen, Geld für ihr Musikprojekt oder ihr Start-up über das Internet zu sammeln. Verglichen mit den USA steckt der Schweizer Crowdfunding-Markt aber noch in den Kinderschuhen.
Im letzten Jahr wurden in der Schweiz insgesamt 15,8 Millionen Franken durch Crowdfunding vermittelt, wie eine jetzt veröffentlichte Studie der Hochschule Luzern zeigt. Das ist gut ein Drittel mehr als im Vorjahr. Im Vergleich zu 2011 hat sich das Volumen gar verfünffacht.
Man muss Vertrauen fassen in die Thematik des Crowdfunding
Trotz des starken Wachstums seien die absoluten Beträge aber immer noch sehr tief, so Studienautor Andreas Dietrich. Der Crowdfunding-Markt in der Schweiz stecke im Vergleich zu den USA oder Grossbritannien nach wie vor in den Kinderschuhen.
Die Schweiz schöpfe diese Finanzierungsform längst nicht aus, sagt Finanzprofessor Dietrich. Das lasse sich damit erklären, dass «gewisse grössere Firmen das Thema vielleicht noch nicht entdeckt haben oder erst jetzt am Entdecken sind. Das braucht seine Zeit. Und auch auf Seiten der Kunden beziehungsweise der potentiellen Geldgeber muss das Thema noch bekannt gemacht werden. Und dann muss man auch Vertrauen fassen in die Thematik des Crowdfunding.»
Fast doppelt so viele Konsumkredite
Besonders stark zulegen konnte im letzten Jahr das sogenannte Crowdlending, mittels dem Darlehen vermittelt werden. Die vergebenen Konsumkredite nahmen von 1,8 auf 3,5 Millionen Franken zu.
Die Projekte, die so finanziert werden, sind laut den Studienautoren sehr unterschiedlich. Darlehen werden beispielsweise für ein Familienauto, Hochzeitsvorbereitungen, eine Zahnspange oder ein Start-up gesucht. Die Darlehensgeber erwarten als Gegenleistung eine risikogerechte Rendite.
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Investieren weniger beliebt
Keine oder nur eine einmalige Gegenleistung gibt es in den Bereichen Crowddonating (Spende) und Crowdsupporting (Unterstützung), in die 2014 jeder zweite Crowdfunding-Franken floss. Diese Arten von Schwarmfinanzierung etablierten sich insbesondere im Kulturbereich zunehmend als alternative Finanzierungsart, heisst es in der Medienmitteilung. Die Erfolgsquote der Sammelkampagnen betrug 60 Prozent.
Eine vierte Form von Crowdfunding, das sogenannte Crowdinvesting, verlor 2014 an Terrain: Das Volumen ging um fast einen Fünftel zurück auf 4,6 Millionen Franken. Aufgrund der sehr tiefen Anzahl an Projekten – 2014 waren es zehn – sei der volumenmässigen Veränderung jedoch nicht eine sehr grosse Bedeutung beizumessen, heisst es in der Studie.
Banken wollen sich ein Kuchenstück abschneiden
Positiv zu bewerten sei, dass sämtliche lancierten Projekte zustande kamen. Beim Crowdinvesting erhalten die Investoren als Gegenleistung für das von ihnen eingegangene Risiko Anteile am mitfinanzierten Unternehmen.
Noch kaum ins Gewicht fällt hierzulande Crowdinvesting bzw. Crowdlending von Privaten etwa an Start-up-Unternehmen. Doch hier wittern erste Banken neue Märkte, wie Christoph Loeb von der Basellandschaftlichen Kantonalbank erklärt: «Anstatt dass die Bank Ihnen einen Kredit gibt, anstatt dass Sie ein Bankkonto haben, versuchen Sie das über Crowdfunding. Und dies ist ein Markt, der offensichtlich am wachsen ist. Und da wollen wir uns ein Stück vom Kuchen abschneiden.»
Die Basellandschaftliche Kantonalbank hat Ende letzten Jahres mit der Swisscom eine eigene Crowdfunding-Plattform lanciert, eine von insgesamt 30 in der Schweiz.
Mehr Rechtssicherheit durch Regulierung
Der gesamte Crowdfunding-Markt dürfte laut den Luzerner Studienautoren auch im laufenden Jahr weiter markant wachsen. Die langfristige Weiterentwicklung von Crowdfunding hänge massgeblich von der Regulierung ab, heisst es weiter. Eine massvolle Regulierung würde zu mehr Rechtssicherheit führen und wäre der zukünftigen Entwicklung förderlich.
Für die Studie wurden die Daten aller 2014 in der Schweiz aktiven Plattformen ausgewertet. Unterstützt wurde die von der Hochschule Luzern zum zweiten Mal durchgeführte Studie von der Swisscom.