Die Bilanz Anfang Sommer war nicht gut: Ein Viertel aller Bieler Romands, die soeben das zehnte Schuljahr abgeschlossen hatten, waren noch ohne Lehrstelle.
Dafür gibt es mehrere Gründe. So entspricht das Angebot an Lehrstellen in französischer Sprache nicht den Bevölkerungsanteilen, wie Barbara Stalder vom Berufsinformationszentrum in Biel feststellt. Und der Rat für französischsprachige Angelegenheiten bestätigt: Fast jeder zweite Bieler ist französischsprachig, aber nur jede vierte Lehrstelle geht an einen Romand.
Regionale Rekrutierung
Deutsch sei in der Bieler Wirtschaft und dabei besonders bei grösseren Unternehmen wichtiger geworden, erklärt Stalder. Viele grosse Lehrfirmen im Detailhandel rekrutierten regional. Also nicht mehr vor Ort, sondern über mehrere Kantone hinweg. Dabei hätten sie Biel der Einfachheit halber zu Deutsch geschlagen und «Bienne» einfach ausgeklammert.
Coop-Sprecherin Desirée Schmid von der der Verkaufsregion Bern erklärt dies mit der historischen Entwicklung: 1996 hat sich die Genossenschaft Coop Biel/Bienne mit Coop Bern zusammengeschlossen und die Amtssprache blieb Deutsch.
Aus systemtechnischen Gründen wird pro Verkaufsregion in einer Sprache kommuniziert.
Aus systemtechnischen Gründen wird bei Coop pro Verkaufsregion in einer Sprache kommuniziert. In der Verkaufsregion Bern ist es Deutsch und in der Romandie ist es Französisch. Parallel dazu eine zweite Struktur für einen rein französischen Ausbildungsgang auf die Beine zu stellen, wurde als zu aufwendig erachtet.
Dialekt im Wunschkatalog
Für Welschbieler kommt bei der Sprache oft aber noch eine weitere Hürde dazu. So begrüssen es laut Stalder einige Unternehmer, wenn Lehrlinge nebst Hochdeutsch auch noch Mundart beherrschen.
Einige Firmen begrüssen es, wenn Lehrlinge nebst Hochdeutsch noch Mundart beherrschen.
Ein anderer Grund für die Schwierigkeiten liege aber bei den Bieler Romands selber. So werde in der Westschweiz mit der Lehrstellensuche tendeziell etwas später als in der Deutschschweiz begonnen: «Das kann zur Folge haben, dass Lehrstellen zum Teil bereits besetzt sind. Es gibt also einen gewissen kulturellen Unterschied», beobachtet Stalder.
Gegensteuer mit Coaching und Deutschkursen
Bei diesem Punkt hakt eine seit einem Jahr bestehende Arbeitsgruppe unter anderem ein: «Wir wollen in den Schulen auch mit Coaching arbeiten und so Lehrern und Schülern helfen, früher Lehrstellen zu suchen und bessere Dossiers vorzubereiten», erklärt David Gaffino, Generalsekretär des Rats für französischsprachige Angelegenheiten im Amtsbezirk Biel.
Hauptziel der Arbeitsgruppe ist es, mehr Lehrstellen für Frankophone zu schaffen. Vertreter verhandeln auch mit Coop und Migros. Nur wer bereit ist, besser Deutsch zu lernen, habe bei den beiden Grossverteilern eine Chance auf eine Lehrstelle in Biel, betont Gaffino.
Neben Coaching bietet die Arbeitsgruppe also auch Deutschkurse an. Das Bundesamt für Kultur unterstützt die Bemühungen dieses Jahr mit 60'000 Franken.
Die Alternative zu einer Lehrstelle in Biel sei für viele frankophone Jugendliche eine Lehrstelle in der Romandie, wo sie oft auch nach der Lehre blieben, sagt Gaffino.
Viele Französischsprachige gehen für immer weg. Das ist nicht sehr gut für das Image von Biel als zweisprachige Stadt.
Soll es also bei den Ortsschildern «Biel-Bienne» bleiben, muss der Arbeitsplatz Biel für junge Romands attraktiver werden.