Kurt Imhof war kein Wissenschaftler, der sich im Elfenbeinturm versteckte. Er äusserte sich oft und gerne zu verschiedensten Themen. Seien es mediale, politische oder gesellschaftliche Brennpunkte und Entwicklungen.
Der Soziologe hatte Witz und Charme – er konnte sich aber auch ereifern. Etwa wenn er jeweils einmal im Jahr die Medien tadelte, dass die Qualität ihrer Inhalte ungenügend sei. Imhof war im Vorstand der Schweizerischen Gesellschaft für Soziologie, und seit 2000 Professor an der Universität Zürich.
Feines Sensorium für das Alltägliche
Wissenschaftliche Theoriegebilde münzte er, anschaulich und gerne auch mit humorigem Unterton, in einprägsame Bilder um. In der Sendung Treffpunkt von SRF1 etwa sprach er im letzten Herbst über Demokratie im Alltag.
Unser Alltag sei wenig demokratisch, zum Beispiel Beziehungen – selten wären diese ausgeglichen. Immerhin sei es «tröstlich», dass sich die Leute selbst bei komplett asymmetrischen Beziehungen der Illusion hingeben würden, sie lebten in perfekter Balance.
Wissenschaftler mit Sendungsbewusstein
Nationale Ausstrahlung erlangte Imhof als «Mediensoziologe» – der sich nicht nur mit Medien befasste, sondern selbst zur meinungsstarken medialen Figur wurde. Imhof konnte komplexe Sachverhalte einfach auf den Punkt bringen. Und er tat dies stets mit Eifer. Manchmal etwas ruppig, wenn er die sinkende Qualität der Medien tadelte. Oft aber mit Charme und einem verschmitzten Lachen.
Zuletzt zu Wort gemeldet hat sich Imhof Mitte Januar. Europa war erschüttert von den Attentaten in Paris. Er kritisierte, zu oft würden alle Muslime in einen Topf geworfen – ungeachtet ihrer Herkunft und ihres persönlichen Hintergrundes.
Und zu den Mohammed-Karikaturen und der Diskussion um Satire sagte der Medien-Experte: «Natürlich sind sie erlaubt. Aber: Nicht alles, was erlaubt ist, ist auch gut.» Imhof ist am Sonntagmorgen im Alter von 59 Jahren im Zürcher Universitätsspital gestorben.