Die Kritik, die der Eidgenössische Datenschützer (EDÖB) ad interim, Jean-Philippe Walter, vorletzten Mittwoch am Verband öffentlicher Verkehr (VöV) und an der SBB geäussert hat, scheint Wirkung zu zeigen. In seinem Bericht bemängelte er die 90-tägige Speicherung sogenannter Kontrolldaten in einer Datenbank und forderte die unverzügliche Löschung ebendieser. Den Bericht stellte er dem VöV und der SBB bereits Anfang Januar zu.
In einer heutigen Medienmitteilung äussern sich VöV und SBB erstmals zur Kritik. Der Betrieb der Kontrolldatenbank soll per Ende März 2016 eingestellt werden. Die kurzfristige Datenerfassung zu Kontroll- und Verrechnungszwecken soll jedoch weiterhin möglich sein. Zudem strebe die öV-Branche klare Rechtsgrundlagen an, die eine Weiterentwicklung «zukunftsträchtiger und kundenfreundlicher digitalisierter Ticketsysteme» ermöglichten.
Erstellung von Bewegungsprofilen sei nicht möglich
Erneut weisen der VöV und die SBB in ihrer Medienmitteilung darauf hin, dass die Erstellung von Bewegungsprofilen mit Kontrolldaten nicht möglich sei. Der Begriff «Bewegungsprofil» ist rechtlich und insbesondere im Datenschutzgesetz (DSG) nicht definiert. Darunter vorstellen kann man sich jedoch eine Aufstellung häufig besuchter Orte, zu welcher Zeit diese normalerweise aufgesucht werden und wie lange sich jemand dort aufhält.
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Dass solche Profile trotzdem erstellt werden können, glauben neben dem Datenschützer auch diverse Konsumentenschutzorganisationen wie das Schweizerische Konsumentenforum (kf). So zeigt sich Mediensprecher Patrick Hischier erfreut über die heutige Ankündigung des VöV und der SBB. Das Konsumentenforum hätte sich wiederholt kritisch zur Einführung des Swisspass geäussert und sehe in der dauerhaften Speicherung der Kontrolldaten keinen Nutzen für die Konsumenten.
Eine nicht repräsentative Umfrage unter über 1000 SRF-Leser/innen kommt jedenfalls zum Schluss, dass sich eine überwiegende Mehrheit an der Speicherung der Kontrolldaten stört.
SBB kommt Auskunftsrecht nach - mit Abstrichen
Kunden der SBB haben nach wie vor die Möglichkeit, die über sie gesammelten Daten gestützt auf das Datenschutzgesetz einzufordern. Der EDÖB publizierte dazu einen Musterbrief auf seiner Website.
SRF News liegen Informationen vor, wonach die SBB den Auskunftsbegehren zwar grundsätzlich nachkommt, die gesammelten Kontrolldaten bisher jedoch nur unvollständig lieferte. Eines der interessantesten Details in der Datensammlung, der sogenannte Kontrollzeitstempel wurde den Gesuchstellern nur als Datum wiedergegeben (siehe Screenshot).
Laut Eidgenössischem Datenschützer speichert die SBB jedoch auch die exakte Uhrzeit einer Kontrolle – ein Detail, das bei der Erstellung von Bewegungsprofilen von grosser Bedeutung sein kann. Denn nur mit dieser Information kann die ungefähre Position auf einer gegebenen Zugstrecke eruiert werden.
SBB-Mediensprecher Daniele Pallecchi gibt zu: «Da ist uns ein offensichtlicher Fehler unterlaufen.» Die Kundin oder der Kunde habe Anrecht darauf, alle Teile seiner Datensammlung zu sehen.
Mit der angekündigten Löschung der Kontrolldatenbank wird sich dieses Problem jedoch von selbst lösen.
SRF 4 News, 12:00 Uhr; srf/sda/tgr/roso