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Raser-Debatte Nationalrat wird mit dem Tod bedroht

Nationalrat Fabio Regazzi (CVP/TI) sammelt derzeit Unterschriften für eine Volksinitiative, die mildere Strafen für Raser vorsieht. Das nehmen ihm einige übel. Regazzi wird in Mails mit dem Tod bedroht. Die Diskussion, welche Strafen für Raser angemessen sind, bleibt hoch emotional.

Die Unterschriftensammlung läuft harzig, vor allem in der deutschen Schweiz gibt es wenig Zuspruch für das Anliegen des Tessiner Nationalrates. Fabio Regazzi verlangt mit seinem Volksbegehren «Stopp den Auswüchsen der Via secura», dass jeder Fall von Raserei einzeln geprüft wird. Pauschale Strafen für Raser sollen fallen. Regazzi will den Gerichten damit mehr Spielraum geben.

Ein nachdenklicher Fabio Regazzi.
Legende: Ein nachdenklicher Fabio Regazzi. Keystone

Das bringt einige besorgte Bürger auf die Palme. Regazzi bekommt haufenweise böse Mails. «Einige haben mir sogar den Tod gewünscht», sagt er gegenüber der «Rundschau». «Das finde ich extrem. Emotionen sollten in diese Diskussion nicht miteinbezogen werden.»

Die gegenwärtigen harten Strafen für Raser gibt es seit 2013. Wer innerorts schneller als hundert fährt, muss ins Gefängnis. Für Ersttäter werden diese Strafen allerdings meist auf Bewährung ausgesprochen. Das neue Gesetz greift. 2013 gab es 45 bedingte Freiheitsstrafen für Raser, 2015 schon 340.

Falsches Signal

Anstoss zur Gesetzesverschärfung war ein Raser-Unfall vor neun Jahren in Schönenwerd SO. Ein Grieche, ein Türke und ein Kroate hatten sich in der Nacht ein Rennen geliefert. Innerhalb der Ortschaft kollidierte einer von ihnen mit einem einbiegenden Auto. Lorena Wittwer, die auf dem Rücksitz sass, wurde auf der Stelle getötet. Ihre Mutter, Brigitte Wittwer, ist bis heute traumatisiert von dem Raser-Unfall. Sie kann nicht verstehen, dass es Politiker gibt, die mildere Strafen für Raser fordern. «Es ist das falsche Signal», sagt sie der Rundschau. Denn Raser sind aus ihrer Sicht Wiederholungstäter – sie versuchen es immer wieder.

«Vollkommenes Glücksgefühl»

Wer sind die Raser, die andere in Gefahr bringen? Was treibt sie an? Die «Rundschau» sprach mit jungen Autofahrern, die sich auf dem Parkplatz vor dem Burger King in Wetzikon jeden Samstagabend treffen. Dort vergleichen sie ihre getunten Fahrzeuge, viele verfügen über vierhundert PS und mehr.

Keiner von ihnen sieht sich als Raser. Aber einige gestehen, dass sie regelmässig über die Grenze nach Deutschland fahren, um das Gaspedal durchzutreten. «Ein vollkommenes Glücksgefühl», schwärmt eine Frau aus der Ostschweiz. «Das Adrenalin geht hoch, es ist super.»

Mit diesen Rasern hat Nationalrat Regazzi kein Mitleid, wenn sie erwischt und hart bestraft werden. Ihm tun rechtschaffene Bürger leid, die aus Versehen zu schnell fahren, zuvor aber nie negativ aufgefallen sind. «Sie brauchen eine zweite Chance», sagt er. «Es kann nicht sein, dass für Rasen das gleiche Strafmass ausgesprochen wird wie für Vergewaltigung oder Raub.»

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