Ein Gericht im türkischen Mittelmeerort Antalya wird heute voraussichtlich das Urteil in der so genannten Stein-Affäre um den Walliser Polizeikommandanten und Staatsratskandidaten Christian Varone fällen.
Er war am 27. Juli vergangenen Jahres in Antalya festgenommen worden, als er mit seiner Familie die Heimreise aus den Ferien antreten wollte. Flughafenbeamte fanden in seinem Gepäck einen Stein, der in der Folge als wertvolles antikes Säulenfragment definiert wurde. Dessen Ausfuhr war deshalb verboten.
Nach einigen Tagen Untersuchungshaft kam Varone ohne Auflagen frei und konnte in die Schweiz zurückkehren. Die Staatsanwaltschaft von Antalya erhob allerdings Anklage wegen des Verdachts auf versuchten Diebstahl türkischer Kulturgüter.
Drei Szenarien denkbar
Das Strafgericht hat den Prozess mehrfach verschoben. Grund: Die Experten sind sich uneins, ob sich bei dem Stein, der in Varones Gepäck gefunden wurde, tatsächlich um ein historisches Artefakt handelt.
Der Vorsitzende Richter Süleyman Teke hat deshalb ein drittes Gutachten in Auftrag gegeben. Dieses, so zeigen «10vor10»-Recherchen, könnte Varone in grosse Schwierigkeiten bringen.
«Bei dem Fragment ... handelt es sich um ein Eckstück eines Kapitells, das auf den Säulen eines Bauwerks aus der Antike auflag», steht in dem Gutachten, das «10vor10» vorliegt. Später heisst es dann noch deutlicher: «Bei dem klagegegenständlichen Stück handelt es sich um ein schutzwürdiges bewegliches Kulturgut, das als Staatsbesitz gilt.» Varone will den Stein für einen gewöhnlichen Stein gehalten haben.
Türkische Anwälte gehen davon aus, dass es durchaus zu einem Urteil kommen könnte. Varone könnte wegen versuchten Diebstahls von Kulturgütern zu einer bedingten Gefängnisstrafe verurteilt werden. Zudem droht ihm eine empfindliche Geldstrafe. Varones Anwälte werden wohl in Berufung gehen und alle rechtlichen Mittel ausschöpfen.
Hält die FDP an ihm fest?
Wegen der Staatsratswahlen am 3. März wünscht sich Varone einen baldigen Gerichtsentscheid. Er tritt dann als Kandidat der FDP an. Derzeit sind alle Optionen offen – von der Aufrechterhaltung der Kandidatur bis zur Bestimmung eines neuen Kandidaten seitens der FDP.
Im Falle eines Freispruches würde Varone wohl FDP-Kandidat bleiben und aus der Affäre gestärkt hervorgehen. Auch für den zweiten Durchgang wäre er dann wohl gesetzt.
Kommt es zu einer Verurteilung, würden die Karten im Wallis neu gemischt. Varone selbst würde FDP-Staatsratskandidat für den ersten Wahlgang bleiben, da die Meldefrist für die Kandidaten bereits abgelaufen ist. Für den zweiten Wahlgang könnte es jedoch schwierig für ihn werden.
Würde die Verhandlung verschoben, ist die Situation noch nicht so klar. Varones Rückhalt in der Partei würde dahinschmelzen nach dem ersten Wahlgang – sofern er weniger Stimmen machen würde als Oskar Freysinger (SVP). Dann wäre die FDP wohl gezwungen, mit Nationalrat Jean-René Germanier anzutreten.