Die Berner Justiz darf wohl bald ein Strafverfahren gegen Nationalrat Pirmin Schwander (SVP/SZ) einleiten. Bei seinem Engagement zugunsten einer Mutter, die ihr Kind vor der Kesb versteckte, kann sich der Politiker nicht auf die parlamentarische Immunität berufen.
Die Immunitätskommission des Nationalrats ist nicht auf das Gesuch um Aufhebung der Immunität von Nationalrat Schwander eingetreten. «Sie sieht keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den erhobenen Vorwürfen und der amtlichen Stellung oder Tätigkeit von Schwander», sagte Kommissionspräsident Gerhard Pfister (CVP/ZG).
Mitglieder der eidgenössischen Räte geniessen Immunität nur für Taten, die in unmittelbarem Zusammenhang mit ihrem Amt stehen. Ein Strafverfahren kann in diesen Fällen nur mit Ermächtigung der zuständigen Parlamentskommissionen eingeleitet werden.
Konkret heisst das: Schwander kann sich nicht auf seine Immunität berufen, weil die Kommission zwischen der Tat und seiner amtlichen Tätigkeit keinen unmittelbaren Zusammenhang sieht. Somit kann die Justiz aktiv werden – zumindest sofern sie eine strafrechtliche Relevanz sieht.
Nun muss noch Ständeratskommission entscheiden
Fällt die Rechtskommission des Ständerats am 24. Oktober den gleichen Entscheid – also Nichteintreten auf das Gesuch um Aufhebung der Immunität, ist die Einleitung des Strafverfahrens durch die Staatsanwaltschaft möglich.
Sollte die Ständeratskommission einen abweichenden Beschluss fällen, würde das Geschäft zur Differenzbereinigung an die Immunitätskommission des Nationalrats zurückgehen. Der Entscheid der erstberatenden Kommission fiel mit fünf zu drei Stimmen bei einer Enthaltung.
Beihilfe zur Kindesentführung
Die Staatsanwaltschaft Berner Jura-Seeland ermittelt gegen Schwander wegen Gehilfenschaft zur Kindesentführung. Offenbar hat der Schwyzer eine im Ausland untergetauchte Bielerin, die ihr Kind vor der Kesb versteckte, finanziell unterstützt.
Der Fall ist bereits seit längerem bekannt: Im Oktober 2015 wollte eine Mutter ihre damals anderthalbjährige Tochter nicht wie vereinbart ins Heim zurückbringen. Stattdessen tauchte sie mit dem Kleinkind monatelang unter. Im Juni 2016 wurde sie in Frankreich aufgespürt, seither befindet sie sich in Untersuchungshaft.
Der Frau aus Biel liess Schwander offenbar über deren Anwalt 7000 Franken zukommen, als sie auf der Flucht durch Südeuropa war. Durch seine Unterstützung hat sich Nationalrat Schwander möglicherweise strafbar gemacht.