- 15 mutmassliche 'Ndrangheta-Mitglierder aus den Kantonen Thurgau (12), Zürich (1) und Wallis (2) in Auslieferungshaft
- 13 der Verhafteten vermutlich Angehörige der Frauenfelder 'Ndrangheta-Zelle
- Auslieferungsersuchen der italienischen Behörden als Grundlage der Verhaftungen, 14 widersetzen sich der Auslieferung
- Bundesamt für Justiz gibt Auslieferung «aus prozessökonomischen Gründen» Vorrang vor eigener Strafverfolgung
- Zwei weitere Verdächtige Schweizer Bürger lediglich einvernommen, da Auslieferung ohne Zustimmung nicht möglich
Frauenfelder Zelle der 'Ndrangheta
In den Kantonen Zürich, Thurgau und Wallis sind am Dienstag 15 mutmassliche Mitglieder der Mafia-Organisation 'Ndrangheta festgenommen worden. Sie sitzen in Auslieferungshaft.
Die Haftanordnungen basieren auf italienische Auslieferungsersuchen, wie das Bundesamt für Jusitz (BJ) mitteilte. Die italienischen Behörden werfen den Verhafteten vor, Mitglieder einer kriminellen Organisation zu sein. Sie hätten über Jahre hinweg regelmässig an Treffen und Riten teilgenommen und sich in bedingungslosem Gehorsam den hierarchischen Strukturen untergeordnet, erklärt BJ-Informationschef Folco Galli.
12 Personen wurden im Thurgau festgenommen, eine im Kanton Zürich und zwei im Kanton Wallis. Zwei der Festgenommenen sind in Italien bereits zu Freiheitsstrafen von neun respektive sechs Jahren verurteilt worden. Die im Thurgau wohnhaften Personen sollen gemäss Mitteilung der Frauenfelder Zelle der kalabrischen 'Ndrangheta angehören.
Bürgerliches Leben
Nach Recherchen des Tessiner Fernsehens führten die 'Ndrangheta-Mitglieder ein ganz normales Leben, etwa als Kleinunternehmer in der Immobilienbranche, Taxifahrer oder Bauarbeiter. In der italienischen Diaspora sei die Mitgliedschaft ein offenes Geheimnis gewesen, so Maria Roselli.
Das BJ geht davon aus, dass der in den Auslieferungsersuchen dargelegte Sachverhalt auf den ersten Blick auch in der Schweiz strafbar ist. Damit sei die beidseitige Strafbarkeit als Voraussetzung für eine Auslieferung erfüllt.
Auch Schweiz ermittelte
Obwohl auch die Bundesanwaltschaft gegen diese Personen wegen des gleichen Delikts ermittelt, gibt die Schweiz der Auslieferung Vorrang – unter anderem aus «prozessökonomischen Gründen», wie das BJ schreibt. Dies ist gemäss Rechtshilfegesetz in Ausnahmefällen möglich.
Die festgenommenen Personen wurden am Dienstag einvernommen. 14 von ihnen widersetzen sich der Auslieferung, wie das BJ am frühen Abend bekanntgab. Eine im Kanton Thurgau festgenommene Person erklärte sich mit der Auslieferung an Italien grundsätzlich bereit, hat aber noch eine dreitägige Bedenkzeit.
Der Entscheid über die Auslieferung kann beim Bundesstrafgericht angefochten und in besonderen Fällen an das Bundesgericht weitergezogen werden.
Gegen die Auslieferung ausgesprochen hat sich auch einer der zwei Verdächtigen, die den Schweizer Pass besitzen. Die andere Person wird erst nächste Woche einvernommen. Beide können nicht ohne ihre Zustimmung ausgeliefert werden.